piwik no script img

Ideologieverdacht -betr.: "Björn hätte gedurft", taz vom 10.2.1995

Würde Jürgen Oetting die HWP nicht in ein so seltsames und wie mir scheint von Wutattacken geschütteltes Bild zerren, hätte mir sein Kommentar durchaus ein Schmunzeln abringen können.

Da gibt es einen Schreiber, dessen inneres Auge Szenarien entstehen läßt, die (sofern er sich hier nicht als versuchter Romancier versteht ) seine jeweilige Vororterfahrung nahelegen. Verwunderung setzt ein. HWP-AbsolventInnen werden von ihm in Fuhrtaxen gesehen, die Gedanken der Figuren liefert er gleich mit. Seine Vorstellungskraft läßt ,vulgärmarxistische' Theorien, zwischen Straßenzügen und Ampelschaltungen erstehen. Abgesehen davon, daß ich mir nichts rechtes darunter vorstellen kann, geht seine Nahelegung in offensichtliche Richtung: seine Straßenschilder zeigen Denkverbote – es darf diskreditiert werden. Ideologieverdacht soll die Botschaft lauten, die durch diesen vermeintlichen Enthüllungsjournalismus uns gar die Gedanken seiner imaginierten Figuren verraten sollen. Die Überschrift „Björn hätte gedurft“ wird so auch kurzerhand als Aussage plaziert. So schöne, dicke schwarze Lettern springen doch ins Auge, was mag das kleingedruckte Satzende ,...ich wette', da noch für eine Rolle spielen. Seine immerhin noch als Mutmaßung gekennzeichnete Wettannahme gerät ihm so unversehens zur Wirklichkeit. Aber der Autor hat ja ohnehin auch offenen Zugang zu Gedanken und Bildungseinrichtungen, die ihm ins „Dubiose“ zu geraten scheinen, wenn er die HWP-AbsolventInnen dort als Lehrende wähnt. (Gegen welche Bildungseinrichtungen wollte er hier eigentlich schreiben?) Seine Ausführungen haben mit der HWP ohnehin herzlich wenig zu tun, da scheint es auch gleich nicht mehr darauf anzukommen, daß er das Lehrangebot ausblendet, sich in den Diplomen vertut, ja sie scheinbar nicht zu kennen scheint. Was macht's denn schon? Die HWP, die Studierenden und AbsolventInnen waren die nicht ohnehin als Phantasiegebäude vorgeführt? Wenn er dann noch den BDI-Präsidenten, dem er sich doch so gerne als Bündnispartner andienen möchte, als mehr oder minder exotisches ,Erfolgsprodukt' der HWP präsentiert ist ihm ein sicher ungewollter Schlag ins eigene Kontor unterlaufen.

Nicht ,gut gebrüllt, kleiner Löwe' aber halt gebrüllt. Vielleicht wird's ja beim nächsten Mal besser.

Christine Stegmann

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen