„Ich vertrete deutsche Interessen“

■ Wolfgang Zeitlmann (CSU) verteidigt das Staatsbürgerrecht

Vorgestern schlugen 29 CDU- Abgeordnete ein neues Staatsbürgerrecht vor. Sie fordern, daß in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern mit der Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten, wenn mindestens ein Elternteil dauerhaft und rechtmäßig in Deutschland lebt. Der Vorschlag der Parlamentarier wird von 121 anderen CDU-Mitgliedern unterstützt. (In der gestrigen taz wurden versehentlich alle 150 Unterzeichner als Abgeordnete bezeichnet.)

taz: Wie beurteilen Sie den Vorschlag der 150 CDU-Politiker und Politikerinnen?

Wolfgang Zeitlmann: Das sind eitle, pressescharfe Kollegen, die am liebsten in jedes Mikrophon hineinbeißen, um für sich PR zu machen. Den Vorschlag halte ich für vollkommen inakzeptabel. Wir haben uns innerhalb der Koalition auf die Kinderstaatsangehörigkeit geeinigt.

Was stört Sie inhaltlich?

Ich will keine doppelte Staatsangehörigkeit, weil ich deutsche Interessen vertrete und keine anderen, türkische etwa. Ich bin offen und sage, jeder kann Deutscher werden, aber es gibt keine Tonlage dazwischen, beides sein zu können.

In der Mehrzahl der Fälle geht es um Kinder, deren Eltern bereits in Deutschland geboren wurden, die keinerlei Anbindung an das Herkunftsland der Großeltern und Eltern haben. Was befürchten Sie, wenn Sie dieser dritten Einwanderungsgeneration die deutsche Staatsangehörigkeit verweigern?

Ich will ihnen das gar nicht verwehren, aber dann können die Eltern des Kindes, wenn sie schon lange hier leben, zuerst Deutsche werden. Ich akzeptiere nur eine Staatsangehörigkeit. Sonst kommt es zu Rechtsunsicherheiten und Neid.

Neid worauf, bitte?

Neid von Deutschen. Neulich haben mir Schüler gesagt, sie fänden es ungerecht, wenn eine Mitschülerin, die auch den ungarischen Paß in der Tasche hat, sowohl in Deutschland als auch in Ungarn studieren kann. Die bräuchte sich nämlich gar nicht besonders anzustrengen, um die schwere Zulassungsprüfung an der Uni zu bestehen, weil sie ja einfach nach Ungarn ausweichen kann.

Das ist alles?

Es ist nicht allein der Paß. Menschen, die aus einem anderen Kulturkreis kommen, müssen sich aus ihm auch lösen. Nehmen Sie die Haltung, die es in vielen türkischen Familien zum Thema Frauen gibt. Die kann man doch nicht einfach abschütteln. Und sagen, jetzt bin ich Deutscher.

Sie meinen, Neugeborene saugen kulturelles und politisches Handeln bereits aus der Plazenta auf?

Nein. Aber die Kinder werden unter Umständen so erzogen, daß sie als Mädchen später mit dem Schleier herumlaufen.

Eine Türkin, die seit 15 Jahren in Deutschland lebt, hat einen gesetzlichen Anspruch auf Einbürgerung. Egal, ob sie das Kopftuch trägt.

Aber sie muß die türkische Staatsbürgerschaft ablegen wollen.

Es gibt Länder, die entlassen niemanden aus ihrer Staasbürgerschaft.

Stimmt, de facto haben wir viele Doppelstaatler. Aber, wenn ich de facto die Grippe habe, führe ich sie künstlich nicht noch ein.

Wann wird ein Ausländer zum Deutschen?

Wenn er deutsch spricht, sich ordentlich aufführt, sich integriert, sich nicht strafbar macht und den deutschen Paß nicht als Mittel zum Zweck ansieht, um sich an die Sozialhilfetöpfe ranzumachen. Interview: Annette Rogalla