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Archiv-Artikel

FOHLENROLLE. FIEDEL. PFAFFENHOFEN. HIE UND DA IST ES GANZ NÜTZLICH, DAS F. ABER IST DER KONSONANT NOCH ZEITGEMÄß? Ich verkaufe ein F

JOSEF WINKLER

Na, den „neuen Kehlmann“ schon gelesen? Ich ja nicht, aber die Werbung des Rowohlt Verlags hat mich nachdenklich gemacht: „Bislang war F nur irgendein Buchstabe.“ Genau, überlegen Sie mal: Wer hätte sich bislang groß einen abgebrochen über das F? Das war halt bislang einfach irgend so ein Buchstabe – klar, ganz nützlich zum Schreiben von Wörtern wie Fischers, Fritz, fängt, frische, Fische, Furunkel, Farfalle, Pfaffenhütchen, Affenpfötchen und … irgend so Wörter halt. Aber darüber hinaus? Bislang? Schon von den Etruskern, die es seinerzeit aus dem Altgriechischen übernommen hatten, ist nur gleichgültiges Schulterzucken über das F überliefert. F? Pffff.

Und aus dem altgriechischen Alphabet war das F in seiner damaligen Form namens Diagamma (da hieß es wenigstens noch cool; note to self: top Romantitel!) sogar schon mal rausgeflogen, weil’s nicht mehr gebraucht wurde.

Im heutigen Deutsch nun ist das F der achtzehnthäufigste Buchstabe – 18.! Woanders ist das ein Abstiegsrang. Achtzehnter von 26! Mit 1,66 Prozent Häufigkeit in deutschsprachigen Texten – dahinter folgt nur noch Kroppzeug wie das Z, das J, das Y und das notorische Q. Da war es unter dem Primat der Leistungsorientierung eigentlich schon lange mal fällig, das F auf den Prüfstand zu stellen. Sagen wir so: Ein Controller mit etwas Schwung in der Fuchtel hätte diesen kulturromantischen Schmu schon längst beendet und das F wegrationalisiert, freigestellt aus dem deutschen Alphabet, wo wir hier ja wirklich andere Probleme haben, als einem abgehalfterten Konsonanten die Eier zu schaukeln. Ein Manager mit Pfiff hätte das F unter Verweis auf die phonetischen Synergieeffekte mit dem V fusioniert, das seinerseits abgeschlagen auf Platz 22 herumkrebst (mit lachhaften 0,67 Prozent), aber wenigstens ein schnittig-zeitloses Design vorzuweisen hat, mit dem durchaus noch was anzufangen wäre auf dem Weltmarkt.

DIE FÜNFTAGEVORSCHAU | KOLUMNE@TAZ.DE

Dienstag Jacinta Nandi Die gute Ausländerin

Mittwoch Matthias Lohre Konservativ

Freitag David Denk Fernsehen

Montag Anja Maier Zumutung

Dienstag Deniz Yücel Besser

Jetzt hätte ja ein Daniel Kehlmann sagen können: D. Das ist ein Buchstabe, der macht was her, da schwingt was mit, der hat eine Anmutung, da kommt was rüber, und der steht mir auch persönlich viel näher als beispielsweise ein F. Ich nenne mein von weiten Teilen der halben Welt erwartetes neues Buch „D“. Auch das A hätte was, oder das N, das I, das E sowieso, aber auch das L ist nicht ohne. Oder warum nicht K? Spitzenbuchstabe, klingt toll mit „ehlmann“. So aber hat sich der Autor als Gönner des F positioniert und dieses – bislang nur irgendein Buchstabe – auf ein völlig neues Level gehoben. Wird man diesen dergestalt literarisch geadelten Buchstaben jetzt überhaupt noch unbefangen verwenden können für so banale Dinge wie … Fallobst. Funkplatte. Ficken. FDP gar? Gut, gerade für Letztere wird man’s in der nächsten Zeit weniger brauchen, und wenn man bedenkt, was in den letzten Jahren über deren Auf und Nieder in die Zeitungen, scheint’s, hat geschrieben werden MÜSSEN und dass sich solcherlei Artikel jetzt hoffentlich erst mal bis auf Weiteres erübrigen: Das könnte das F glatt noch einen Rang oder zwei kosten. Zum Glück hat es jetzt den Promibonus.