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„IWF angreifen“

Die taz führt keine Scheinkontroversen  ■ t a z - i n t e r n

Der Post in Frankfurt ist es sofort aufgefallen. Die Adreßaufkleber auf den tazzen von gestern, so monierten die Beamten, entsprächen nicht den behördlichen Vorschriften. Wenn am Dienstag auf dem Aufkleber der Spruch immer noch stehe, werde die Zeitung nicht ausgetragen, kündigte die Postverwaltung an. Auf den Aufklebern prangte außer der Adresse auch die Parole „IWF-Kongreß angreifen!“. Die „Verantwortung“ dafür haben die taz-internen „Frischzellen aus der Abo-Abteilung“ übernommen.

In einer Presseerklärung schreiben sie, „daß Angriff für uns heißt, den ständigen 'Dialog'-Angeboten aller möglichen Institutionen zu widerstehen, die rund um das Politik -Spektakel versuchen, politische GegnerInnen in Scheinkontroversen einzubinden und den massiven Protest gegen IWF und Weltbank so abzufedern.“ Aus vielen Artikeln, nicht zuletzt aus der taz, wisse die Gruppe, daß die beiden Institutionen für millionenfachen Tod, für Hunger, Ausbeutung und Vertreibung verantwortlich sei. „Sie sind Mörder, und mit Mördern gibt es nichts mehr zu diskutieren.“ Die taz, so die Erklärung weiter, wolle aber nicht Stellung beziehen, sondern nur die Position anderer darstellen. Damit gerate sie in die Gefahr, ein Teil jener Abfederungsmaschinerie zu werden, die radikalen Widerstand in 'Dialog‘ ummünzen solle. Soweit die „Frischzellen“.

Zunächst: Selbstverständlich hat die taz zur Politik von IWF und Weltbank Stellung genommen - unter anderem mit den 25 Folgen von „Tanz der Vampire“, der längsten Serie, die es je in der taz gegeben hat. Wir haben damit politische Position bezogen - und leisten uns dabei allerdings auch unterschiedliche Antworten. Außerdem halten wir uns und unsere LeserInnen nicht für so dumm, schon dadurch dem Charme des IWF zu erliegen, daß ein Weltbankier oder der Vertreter einer nationalen Elite bei uns zu Wort kommt.

Bleiben dann nur „Scheinkontroversen“? Es ist nun einmal tief umstritten, ob es „legitime“ und „illegitime“ Schulden gibt, ob Schuldenstreichung etwas bringt und ob IWF und Weltbank überhaupt reformierbar sind. Gerade dies sind unsere Themen, die wir in den kommenden zwei Wochen mit bis zu vier Sonderseiten täglich abhandeln werden. Dabei werden wir aber auch alles unter die Lupe nehmen, was in Berlin gemacht wird - ob in Lederjacke oder mit Schlips.

taz-Redaktion

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