ITALIEN: MIT DEUTSCHEM FÖDERALISMUS DAS RAUCHVERBOT AUSHEBELN : Minderheitenschutz für Quarzer
Gleich nach Amtsantritt hatte sich Angela Merkel in Italien richtig beliebt gemacht. Mit einem Hütchenspielertrick unter umgekehrten Vorzeichen räume sie damals bravourös den Streit um die EU-Finanzen aus: Eins, zwei, drei, schob sie die Hütchen über den Tisch – und am Ende hatte jeder der Mitspieler ein hübsches Sümmchen vor sich liegen, spendiert von Frau Merkel.
Überhaupt: Was könnte diese Frau zaubern als EU-Ratspräsidentin, zum Wohle der Italiener – oder wenigstens einer starken, verfolgten Minderheit unter ihnen, der rauchenden Italiener. Denn seit fast zwei Jahren ist südlich der Alpen ein strenges Rauchverbot in Kraft. Was haben damals die Deutschen gelästert: Nie würde es dieses Chaos-Volk schaffen, sich an so ein Verbot zu halten. Gleich unter den Schildern mit der durchgestrichenen Kippe steht doch immer der extragroße Aschenbecher, nicht wahr? Von wegen. Mit wahrhaft preußischer Gründlichkeit wurde das Verbot durchgesetzt, in Restaurants, Bars und Büros. Keine Ausflüchte mehr, keine Hintertürchen, keine Verfahrenstricks und Raucherecken konnten die Nikotinfans in Rom oder Mailand retten.
Frau Merkel, übernehmen Sie! Sie haben das mit der Verhinderung eines Rauchverbots in Deutschland doch ganz toll hingekriegt. Wie wär’s, wenn Sie auch in Rom klarmachen würden: Das ist Ländersache – oder, noch besser, das ist doch eigentlich eine europäische Angelegenheit. Auf dem ersten EU-Gipfel legen Sie dann gleich ein Veto ein: So was muss man doch nicht wirklich regeln – und wenn schon, dann bürgernah vor Ort (also wieder: Ländersache). Und überhaupt sind die Menschen doch erwachsen – also regeln wir das „freiwillig“, wie alles, was uns nicht wirklich wichtig ist in der EU (zum Beispiel der „Sozialraum“).
Natürlich darf auch auf europäischer Ebene der Arbeitsschutz keine Rolle spielen. Sind sie doch selber schuld, die Kellnerinnen und die Barmänner, wenn sie am verstunkenen Arbeitsplatz anheuern. Auf dem extra von Ihnen einberufenen EU-Rauchergipfel legen Sie dagegen feierlich eine Charta vor – Toleranz, Zusammenleben, friedliches Miteinander sollten da die zentralen Stichwörter sein. Und natürlich der Minderheitenschutz – der für die Quarzer. MICHAEL BRAUN, ROM