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Archiv-Artikel

ITALIEN: DER FASCHISMUS KEHRT ZU AUSSENMINISTER FINI ZURÜCK Geschichtspolitik per Rentenbescheid

Gianfranco Fini ist ein ehrenwerter Mann. Mit Erfolg hat der italienische Außenminister seiner Partei Alleanza Nazionale ein demokratisches Outfit verpasst und in nunmehr zehnjähriger Arbeit den Restfaschismus aus der Parteifolklore entfernt. Auf dem kleinen Parteitag der AN vor zwei Wochen erinnerte optisch jedenfalls nichts mehr daran, dass die Delegierten noch Anfang der Neunzigerjahre Mussolini hochleben ließen und den Arm zum „römischen Gruß“ reckten. Gut für Fini: Er kann heute als respektierter Politiker um die Welt fahren. Gut auch für die Partei: Sie ist im Zentrum der Macht angekommen, nicht nur in Rom. Sie stellt hunderte Bürgermeister in den Städten, sie regiert in Regionen, Provinzen und Kommunen. Dieses Ziel war es den meisten wert, den Faschismus, wenn auch zähneknirschend, zu verdammen.

Doch jetzt zeigt die AN wieder, dass dieser Abschied so recht gar keiner war. Die durch die Abkehr von Mussolini gewonnene Macht nutzen die Postfaschisten ausgerechnet dazu, jenen Faschismus wieder durchs Fenster einzulassen, den sie gerade zur Tür hinausgejagt haben. Alte Verbrecher des Zweiten Weltkriegs, sogar italienische SS-Mitglieder, sollen nach einem jetzt von der AN eingebrachten Gesetzentwurf wieder zu Ehren kommen, selbst wenn sie Partisanen massakrierten. Dienst ist Dienst, und dafür hat man eine Rente verdient, heißt es blauäugig – wo doch die roten Resistenza-Kämpfer schon immer die Kriegszeit angerechnet bekamen.

Das geplante Gesetz ist kein Ausrutscher. Die Alleanza hat schon einen nationalen Gedenktag für die italienischen Opfer in Titos Jugoslawien durchgesetzt. Da erinnert sich dann das Land an italienisches Leiden, an Mord und Vertreibung – und legt die vorangegangenen faschistischen Gräueltaten auf dem Balkan einfach beiseite. Oder da geht der AN-Bürgermeister der vom Duce gegründeten Mittelstadt Latina daran, den Hauptplatz mit einem großen Mussolini-Mosaik pflastern zu lassen. Die Botschaft ist die immer gleiche: Eigentlich war es unter dem Duce doch gar nicht so schlimm. Höchste Zeit, dass Außenminister Fini auf seinen Auslandsreisen wieder die eine oder andere Frage gestellt wird. MICHAEL BRAUN