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Archiv-Artikel

ISRAELISCHE ARABER WERDEN DIE WAHL NICHT BOYKOTTIEREN Die Provokation ist gescheitert

Der Oberste Gerichtshof in Jerusalem ist durchaus für regierungstreue Entscheidungen gut. Das haben vergangene Urteile gezeigt, wie etwa 1992, als die Richter den Landesverweis für hunderte Aktivisten der islamischen Widerstandsgruppen bestätigten, die der damalige Premierminister Jitzhak Rabin gegen sie verhängt hatte. Umso mehr lässt die gestrige Entscheidung aufatmen: Obwohl es das Zentrale Wahlkomitee verboten hat, dürfen die beiden arabischen Abgeordneten Asmi Bischara und Achmad Tibi bei den Parlamentswahlen Ende des Monats antreten. Dem Wahlkomitee, das die Mehrheitsverhältnisse im Abgeordnetenhaus repräsentiert und damit deutlich rechts von der Mitte steht, ist es damit misslungen, die arabische Minderheit noch weiter ins politische Abseits zu rücken.

Die Forderungen Bischaras vor dem syrischen Parlament in Damaskus, den Widerstand der Palästinenser zu unterstützen, und vor allem sein Lob an die libanesischen Hisbullah-Freischärler mögen unglücklich gewesen sein. Dennoch muss ein demokratischer Staat gerade in Zeiten des Konflikts auch Stimmen zulassen, die sich nicht mit dem Konsens decken. Die israelischen Medien stehen zweifellos unter dem Einfluss der Intifada. Ungeachtet des guten Willens einiger weniger Journalisten, auch die andere Seite zu Wort kommen zu lassen, ergibt sich insgesamt ein einseitiges Bild mit großen Informationslücken, die aufzufüllen auch Aufgabe der arabischen Politiker ist.

Bischara und Tibi sind die populärsten Repräsentanten der arabisch-israelischen Bevölkerung. Ein Verbot ihrer Kandidatur hätte vermutlich die Mehrheit der immerhin ein Fünftel der Gesamtbevölkerung umfassenden Gruppe zu einem Wahlboykott veranlasst, auch die, die gar nicht für einen der beiden Kandidaten gestimmt hätten. So liegt der Verdacht nahe, dass die Entscheidung des Zentralen Wahlkomitees, die beiden arabischen Kandidaten zu verbieten, von wahltaktischen Überlegungen bestimmt wurde. Dem Komitee wäre es nur recht gewesen, 20 Prozent der Wahlberechtigten, die immer eher zum linken israelischen Lager tendierten, in den Boykott zu treiben.

SUSANNE KNAUL