piwik no script img

INTERVIEWHiobsbotschaft für die grüne Basis

■ Interview mit Thea Dückert, Fraktionschefin der niedersächsischen Landtagsgrünen, zur Daimler-Benz-Teststrecke

taz: Eine schöne Botschaft zum Landesparteitag in Papenburg, eine Daimler-Teststrecke im Emsland.

Thea Dückert: Natürlich ist das eine Hiobsbotschaft. Wir haben mit allen möglichen Sachargumenten versucht, nachzuweisen, daß die Teststrecke für die Region negative Auswirkungen hat. Aber nach den bisherigen Gutachten kann man nicht mehr von einer negativen ökologischen Gesamtbilanz ausgehen. Wir haben jetzt einfach gegenüber der SPD keine Argumente mehr gegen eine Einleitung der weiteren Planungsschritte, gegen die Einleitung der Umweltverträglichkeitsprüfung und des Raumordnungsverfahrens.

Die Teststreckengegner können sich auf die Koalitionsvereinbarung berufen, in denen es klar heißt, daß Niedersachsen den Bau der Strecke nicht fördern wird.

Über diese Formulierung wird schon lange innerhalb der Grünen gestritten. Die Koalitionsvereinbarung hat meines Erachtens auch die Möglichkeit geschaffen, dieses Projekt unter Gesichtpunkten der Regionalentwicklung und der Ökologie vorzuprüfen. In der Koalitionsvereinbarung heißt es ja nicht schlicht, die Strecke wird in Niedersachsen nicht gebaut. Schon in den Koalitionsverhandlungen haben wir zurückstecken müssen. Wir konnten seither das Projekt nicht mehr mit der Begründung ablehnen, wir seien prinzipiell gegen diese Automobilgesellschaft oder diesen Rüstungskonzern.

In Papenburg erwartet euch auch von seiten der Naturschützer der Vorwurf, daß ihr einmal mehr für die Koalition mit der SPD grüne Prinzipien über Bord geworfen habt.

Diesen Vorwurf erheben weniger die Naturschützer, als vielmehr prinzipielle Kritiker des Rüstungskonzerns Daimler, Kritiker der Produktion von Luxuskarossen. Die Ökobilanz der Teststrecke wird ja eher positiv sein. Wir werden in der Region ein zusammenhängendes riesiges Moorschutzgebiet bekommen. Richtig ist allerdings, daß wir uns letztlich nicht gegen die Strecke, nicht gegen Daimler durchsetzen konnten. Wenn man gegen die Automobilgesellschaft vorgehen will oder gegen übermächtige Konzernstrukturen, so schafft man dies allerdings nicht dadurch, daß man an einer Stelle ein Projekt wie diese Strecke verhindert.

Bei der Boxberg-Teststrecke standen die Grünen auf Seiten kleiner Leute, bei David gegen Goliath. Diesmal stehen sie auf der anderen.

In Papenburg gibt es keine „Davids“. Dort kämpft niemand um seine Scholle. Es sind kaum Leute direkt betroffen. Wenn es dort eine Volksabstimmung über die Strecke geben würde, gäbe es eine Mehrheit für das Projekt.

Daimler-Benz will in Papenburg auch Lastkraftwagen, damit auch Rüstungsgüter testen.

Gegen den Export von Rüstungsgütern kann man nichts durch die Verhinderung einer Testsstrecke tun. Dafür muß man die Produktion und den Export von Rüstungsgütern verbieten. Jürgen Voges

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen