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INTERVIEWNeues Forum eigenständig

■ Die Bundestagsabgeordnete Ingrid Köppe (Neues Forum) plädiert für ein eigenständiges Neues Forum

taz: Frau Köppe, das Neue Forum ist in der Frage des Bündnisses mit den anderen Bürgerbewegungen gespalten. Bei der Versammlung des Neuen Forums am letzten Wochenende in Bernburg wurden Beschlüsse gefaßt, die jede Seite in ihrem Sinne auslegt. Wie sehen Sie die Zukunft des Forums und sein Verhältnis zum Bündnis?

Ingrid Köppe: Das Ergebnis von Bernburg ist, daß es auch in Zukunft eine eigenständige Organisation Neues Forum geben wird. Die Absicht derjenigen, die ein Bündnis gründen wollen, in dem alle anderen Bürgerbewegungen aufgehen sollen, ist nicht realisierbar. Das hat sich seit langem abgezeichnet. In der Frage Bündnis oder eigenständiges Neues Forum ist es jetzt zur Spaltung gekommen. Als weiteres Ergebnis hat man sich darauf geeinigt, bei Wahlen nicht in Konkurrenz zum Bündnis anzutreten, wobei im Gegensatz zum Bündnis für das Neue Forum die Teilnahme an Wahlen eben nicht das Hauptthema ist. Die Landesverbände haben im übrigen die Autonomie, über eine Verschmelzung mit dem Bündnis zu entscheiden.

Demnach liegt die Entscheidung über die Eigenständigkeit des Neuen Forums letztlich bei den Landesverbänden?

Nein. Wenn gesagt wird, etwa das Neue Forum Sachsen gehe geschlossen zum Bündnis über, dann stimmt das eben nicht. Es hat dort eine Mehrheitsentscheidung für das Bündnis gegeben, aber es bleibt überall ein Rest, der Neues Forum bleiben wird. Es gibt Gegner und Befürworter des Bündnisses, und ich finde gut, daß das jetzt klargelegt wurde. Möglicherweise kann man nach einer solchen Trennung besser zusammenarbeiten als vorher.

Irritierend ist ja schon, daß diejenigen, die dem Bündnis immer vorgeworfen haben, es wolle Partei werden, jetzt selbst dem Neuen Forum eine Parteistruktur gegeben haben.

Es gibt da durchaus noch Unterschiede. Das Bündnis hat von Anfang an die Wahlfähigkeit in den Vordergrund gestellt. Auch eine derart hierarchische Struktur, wie sie beim Bündnis angedacht ist, wird es beim Forum nicht geben. Und selbst die Option des Forums, sich auch an Wahlen zu beteiligen, wird im konkreten Fall erst diskutiert werden müssen.

Was steckt denn an politischen Divergenzen hinter der Debatte Eigenständigkeit oder Bündnis, Bürgerbewegung oder Partei?

Es geht da um unterschiedliche Politikmodelle. Der Ansatzpunkt der Bürgerbewegung war ja nicht, das Parteienspektrum zu ergänzen, sondern eine Alternative anzubieten. Das bedeutet, nicht die Vertreterdemokratie nachzuspielen, wie sie die großen Parteien dem Volk vorgaukeln, sondern den einzelnen zu ermutigen, sich einzumischen. Um das zu tun, ist es gerade nicht notwendig, in sämtlichen Parlamenten zu sitzen, sondern das ist primär ein außerparlamentarischer Ansatz, bei dem die Zusammenarbeit mit den verschiedensten sozialen Interessenverbänden im Vordergrund steht. Demgegenüber präsentiert das Bündnis ein angepaßtes Politikverständnis, das die Vertreterdemokratie mitspielt, den Parlamentarismus akzeptiert und sich dem Parteiengesetz unterwirft...

...wie das Neue Forum ja auch.

Aber nicht mit der Absicht, unbedingt ins Parlament einziehen zu wollen. Und Partei meint eben nicht Partei im Parteisinne, die Organisation des Neuen Forums wird nicht umgebildet, wie das beim Bündnis vorgezeichnet ist.

Haben denn die Bürgerbewegungen, deren Hochzeit 89/90 ja vorbei ist, überhaupt Chancen, als getrennte Organisationen zu überleben?

Das ist ungewiß, genauso wie die Überlebenschancen des Bündnisses. Jedenfalls erscheint es mir angesichts der bestehenden Verhältnisse interessanter, an einer Alternative mitzuarbeiten. Interview: Matthias Geis

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