INES POHL ÜBER DAS STRENGE BURKA-VERBOT, DAS BELGIEN ERLASSEN WIRD : Doppeltes Gefängnis
Wie immer, wenn es um Einschränkungen für Muslime geht, werden die Rechte der Frauen bemüht. Das belgische Parlament diskutiert ein Gesetz, das Frauen die vollständige Verschleierung verbieten soll. Damit wäre Belgien das erste Land in Europa mit einem Burka-Verbot.
Wenn es um Einschränkungen für Muslime geht, darf auch ein zweites Argument nicht fehlen. Ihr Gesetz schütze vor Terrorismus, ein Verbot der Vollverschleierung diene der Sicherheit, argumentieren Belgiens Burka-Bekämpfer weiter. Doch warum, bitte schön, sollten dann Rollkoffer, Rucksäcke, Cowboystiefel und große Hüte erlaubt bleiben? Das ist absurd in Zeiten hoch entwickelter Plastiksprengstoffe, von denen schon kleine Mengen in einem Absatz tödlichen Schaden anrichten können.
Natürlich muss man die Burka als Symbol patriarchalischer Unterdrückung scharf kritisieren. Natürlich ist es geboten, Musliminnen zu unterstützen, wenn sie das Recht auf freie Partnerwahl, einen freien Körper und einen freien Geist einfordern. Und es ist eine solidarische Verpflichtung, diese Freiheiten gegen Fundamentalisten jeder Couleur zu verteidigen.
Es gibt viele Gründe, anzunehmen, dass Frauen die Burka nicht freiwillig tragen. Genau deshalb aber bedeutet ein Verbot im öffentlichen Raum letztlich einen Hausarrest für Frauen, denen die Burka aufgezwungen wird. Denn sie könnten ihr Haus dann überhaupt nicht mehr verlassen.
Anders gesagt: Der Staat fügt mit einem solchen Gesetz dem Gefängnis aus Stoff ein zweites Gefängnis hinzu. Wenn das mit dem Argument der Freiheit geschieht, ist das nicht nur verlogen, sondern menschenverachtend. Es ist davon auszugehen, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte das ähnlich sieht – und spätestens dort das absurde Bestreben der Belgier gestoppt wird.
Ausland SEITE 10