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Archiv-Artikel

IN KUBA HAT DIE ZEIT NACH FIDEL CASTRO SCHON BEGONNEN Fidel bleibt seiner Feier fern

Eigentlich ist es gemein: Erst übermittelt Fidel Castro den Delegierten eines internationalen Kongresses über sein Leben und Werk vom Krankenbett aus ein Grußwort. Dann lässt er zwei Tage lang seinen 80. Geburtstag nachfeiern – sogar mit einem Feuerwerk. Ein Personenkult, wie es ihn bislang in Havanna für Lebende noch nicht gegeben hat. Doch dann enttäuscht Castro sein Volk und bleibt dem Höhepunkt – der Militärparade zum 50. Jahrestag des Beginns seines Guerillakriegs gegen das Batista-Regime – einfach fern. Ohne Bedauern. Ohne Erklärung. Das lässt Raum für Interpretation und Spekulationen. Über seinen Gesundheitszustand ohnehin, aber auch über die Zukunft Kubas.

Zu Letzterer hat Raúl Castro zumindest einen Anhaltspunkt gegeben: Seiner Rede vom Samstag stellte er ein Zitat des großen Bruders voran, in dem dieser vor 31 Jahren die führende Rolle der Armee und der Kommunistischen Partei festgeschrieben hat. So, wie sich das im Staatssozialismus gehört. Nur dass sich Fidel nie daran gehalten hat. Es gab zwar die Armee und die Partei. Aber sie standen völlig in den Schatten des „Máximo Líder“, der stets allein entschieden hat. Raúl, der schon immer der geradlinigere Kommunist war, kehrt zur reinen Lehre zurück. Er hat schon mehrfach die Partei zum einzigen Erben des großen Fidel ausgerufen. Und dass die Armee unter ihm eine größere Rolle spielen wird, ist fast selbstredend: Er ist Verteidigungsminister, seit es die „Revolutionären Streitkräfte“ gibt. Seine ersten vier Monate an der Spitze des Staats hat er in der ihm eigenen Zurückhaltung abgeleistet: zuverlässig und ohne großes Aufsehen.

Statt einer Diva, die selbst ihre Gegner bezirzen und in Krisensituationen flexibel, kreativ und bisweilen impulsiv reagieren kann, wird es in Kuba in Zukunft also graue Apparatschiks und olivgrüne Generäle geben. Die einen werden den kubanischen Sozialismus weiterverwalten, die anderen darauf achten, dass nichts aus dem Ruder läuft. Damit scheint sich auf den ersten Blick nichts zu ändern. Und doch ist alles anders: Am Wochenende haben die Kubaner ihren Übervater verloren. Fidel Castro war der Garant der Einheit – nicht die Armee und auch nicht die Partei. TONI KEPPELER