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Archiv-Artikel

IN DER KOSOVO-FRAGE VERHALTEN SICH SERBEN WIE ALBANER SCHIZOPHREN Fixiert auf äußere Symbole

Was auch immer der Kosovo-Plan von Martti Ahtisaari besagt und wie immer der völkerrechtliche Status des Kosovo gelöst wird: Am Stand der Dinge in der Provinz wird sich nichts ändern. Das von der UN verwaltete Kosovo ist de facto unabhängig von Serbien und völlig abhängig von finanzieller Unterstützung der EU und USA. Eine eigene Hymne, Fahne und Wappen sowie eigene Streitkräfte und ein Sitz in der UNO sind noch lange nicht ausreichende Zeichen staatlicher Souveränität; zumindest nicht im 21. Jahrhundert. Doch für die albanischen Parteien im Kosovo sind die Symbole der Souveränität wichtiger als das, was wirklich Unabhängigkeit ausmacht: eine starke Wirtschaft, geringe Arbeitslosigkeit und hoher Lebensstandard.

Auch in Serbien herrscht eine veraltete Vorstellung über die staatliche Souveränität vor, die im romantischen Nationalismus des 19. Jahrhundert fußt. Obwohl Belgrad gar keinen Einfluss im Kosovo mehr hat, ist es für manche serbische Politiker wichtiger, dass die „geistige Wiege des Serbentums“ auf einer Landkarte innerhalb der Staatsgrenzen Serbiens markiert ist, als dass Serbien durch europäische Integrationsprozesse die vitalen Funktionen des Staates stärkt. Für solche Äußerlichkeiten ist Belgrad bereit, die internationale Isolation in Kauf zu nehmen – wie auch mit der Nichtauslieferung des bosnisch-serbischen Generals Ratko Mladić, der wegen Kriegsverbrechen gesucht wird.

Die Situation ist umso absurder, als sowohl Belgrad als auch Priština die Vollmitgliedschaft in der EU anstreben. Gegeneinander wären Serben und Albaner dazu bereit, im Kampf für die Souveränität das Kriegsbeil auszugraben. Gleichzeitig wollen sie völlig freiwillig einen Teil ihrer Unabhängigkeit an die EU abgeben. Pragmatische Lösungen stehen ganz im Schatten von Emotionen und Leidenschaft – und sie erschweren die Vermittlung der internationalen Gemeinschaft ungemein. Denn weder will die EU, dass aus Serbien ein schwarzes Loch in der Mitte Europas wird. Noch weniger aber will sie die internationalen Friedenskräfte im Kosovo oder die UN-Zivilverwaltung der Gefahr eines bewaffneten Aufstands der Kosovo-Albaner aussetzen.ANDREJ IVANJI