IN DER ELFENBEINKÜSTE SIEGT EINE NATIONALISTISCHE OPPOSITION: Demokratisch, aber fatal
Es ist ein schlechtes Jahr für autoritäre Herrscher. Nachdem schon Alberto Fujimori in Peru und Slobodan Milošević über Versuche der Wahlmanipulation stürzten, hat nun auch Robert Guei in der Elfenbeinküste bei von ihm selbst organisierten Wahlen ein Debakel erlitten. Guei ist der erste Militärdiktator, der eine von ihm selbst angesetzte Wahl verliert, obwohl er im Vorfeld alles versuchte, um seinen Sieg abzusichern. Mit seinen Manipulationen grub sich Guei sein eigenes Grab. Wenn er nicht die meisten ernst zu nehmenden Oppositionspolitiker des Landes von der Wahl ausgeschlossen hätte, dann hätten nicht alle Bürger, die gegen Guei stimmen wollten, sich für den einzigen wichtigen Oppositionellen Laurent Gbagbo entschieden und dieser hätte nicht gewonnen.
Dass dies in einem afrikanischen Land geschehen konnte, das für Demokratie nicht gerade berühmt ist, beweist die politische Reife der Bürger der Elfenbeinküste. Schon als die Militärs unter Robert Guei 1999 putschten, agierten sie als die Vollstrecker einer allgemeinen Unzufriedenheit mit dem inkompetenten, tribalistischen und korrupten Regime des Zivilisten Henri Konan Bédié. Nachdem Guei begann, in die Fußstapfen Bédiés zu treten, wandten sich die Leute enttäuscht von ihm ab, und nun haben sie die erstbeste Chance ergriffen, um ihn wieder davonzujagen.
Vorausgesetzt, die Militärs und Guei nehmen ihre Niederlage an und schleichen still in ihre Kasernen zurück – was gestern noch keineswegs klar war –, besteht nun die Gelegenheit eines demokratischen Neuanfangs. Ob Gbagbo dafür der richtige Mann ist, mag allerdings bezweifelt werden. Seine Politik bestand zuletzt in einem intoleranten Nationalismus, der die Tradition von Weltoffenheit und Multikulturalität der Elfenbeinküste ablehnte. Als Präsident will Gbagbo die Einwanderung in die Elfenbeinküste beenden und die Grenzen schließen. Dies bedeutet die Ausgrenzung von bis zu vierzig Prozent der Bevölkerung, die von Vorfahren in den heutigen westafrikanischen Nachbarländern des Landes stammen. Die früher geförderte millionenfache Immigration gab der Elfenbeinküste erst ihr kosmopolitisches Gesicht und lag ihrem Aufstieg zum reichsten Land Westafrikas zu Grunde. Für Gbagbo und seine Anhänger ist dies lediglich Verrat der Einheimischen zu Gunsten einer reichen, mit dem Ausland verbandelten Elite.
Als Präsident könnte Gbagbo also erst recht die ethnischen und regionalen Spannungen schüren, mit denen bereits Bédié und Guei das Land in die politische Krise trieben. Für Afrika insgesamt ist dieser demokratische Machtwechsel ein Hoffnungszeichen – für die Elfenbeinküste und ihre Nachbarn ist er ein Alarmsignal. DOMINIC JOHNSON
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