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Archiv-Artikel

IN BERLIN WIRD ENDLICH EINE FRAU INTENDANTIN EINES ARD-SENDERS Zurückhaltende Politiker

In Berlin ist gestern ein kleines Wunder geschehen: Erstmals in der Geschichte der ARD ist eine Frau als Intendantin eines öffentlich-rechtlichen Senders gewählt worden. Dagmar Reim wird künftig den Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) leiten.

Diese Frau rückt demnächst sogar an die Spitze einer mittelgroßen Anstalt, die – anders als etwa Radio Bremen oder der Saarländische Rundfunk – überregional wahrgenommen und nicht von den reichen ARD-Sendern finanziell durchgeschleppt wird. Der neue Sender RBB wächst nämlich zusammen aus dem Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg (ORB) und dem Sender Freies Berlin (SFB). Das garantiert eine ernst zu nehmende Größe im internen Kräftespiel der Öffentlich-Rechtlichen. Und: Reims Wahl könnte sogar innerhalb der ARD weitere, längst überfällige Reformen anstoßen – von der Frage nach mehr weiblichem Führungspersonal bis hin zur Abschaffung der Kleinstanstalten.

Auf Dagmar Reim wartet nun der nicht ganz leichte Job, den „Flächensender“ für das weite, dünn besiedelte Brandenburg mit dem nicht eben quirligen, dafür immer noch leicht bornierten „Hauptstadtsender“ zu verschmelzen. Doch sie gehört zu den wenigen ARD-Granden, die dafür gerüstet sind: latente Ost-West-Vorbehalte kennt sie schon vom NDR, der neben diversen Altbundesländern auch Mecklenburg-Vorpommern abdeckt. Zudem musste sie bereits dort ein Programm gestalten, dass für Zuschauer in Hamburg oder Hannover ebenso interessant ist wie für die auf dem platten Land.

Bei der Wahl von Dagmar Reim haben vor allem die Politiker in den RBB-Gremien eine Zurückhaltung bewiesen, die man ihnen gar nicht mehr zutraute – man denke nur zurück an die Schlachten über politischen Einfluss bei der ZDF-Intendantenwahl. Jetzt muss die neue RBB-Chefin auch die Chance bekommen, die erst noch anstehenden Personalentscheidungen ohne parteiliches Sperrfeuer zu treffen. Hoffen wir, dass die politische Vernunft wenigstens dieses eine Mal lange genug anhält. STEFFEN GRIMBERG