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IG Metall GewerkschaftstagChef verordnet Verjüngungskur

Die IG Metall will mehr Geld in die Jugendarbeit stecken. Sie fordert auch eine Debatte über eine "neue Kultur der Arbeit" und ein Investitionsprogramm für ökologische Industriepolitik.

Verspricht mehr Geld für die Jugendarbeit: IG-Metall-Chef Huber beim Gewerkschaftstag. Bild: dpa

KARLSRUHE taz | Die IG Metall will sich mehr um junge Menschen kümmern. Auf dem Gewerkschaftstag in Karlsruhe kündigte Berthold Huber, alter und neuer Vorsitzender der Gewerkschaft, am Mittwoch an: "Die Jugend steht künftig im Mittelpunkt unserer Arbeit. Ich schlage vor, dass wir die Ressourcen für die Jugendarbeit deutlich aufstocken." Um wie viel Geld es gehen soll, ließ Huber offen.

Huber kritisierte in seiner Grundsatzrede, dass das Versprechen vom gesellschaftlichen Aufstieg in Deutschland aufgekündigt sei. So hätten 2010 knapp 38 Prozent der 15- bis 25-Jährigen in atypischen Beschäftigungsverhältnissen gearbeitet. "Was diese Gesellschaft der jungen Generation zumutet, verstößt gegen jedes Gerechtigkeitsempfinden." Die Arbeitgeber forderte Huber auf, auch schwächeren Schulabsolventen eine Ausbildung zu ermöglichen. Man wolle in der nächsten Tarifrunde 2012 eine Garantie für unbefristete Übernahmen nach der Ausbildung erstreiten. Huber: "Da werden wir nicht lockerlassen."

Die Bundesregierung - "auch die nächste" - forderte Huber auf, mit der Prekarisierung von Arbeit Schluss zu machen. Dies sei keine Aufgabe der Tarifparteien: "Da wird immer gefaselt, was die Tarifpolitik leisten soll. Das ist doch nur eine Entschuldigung, dass man nichts tun will." Huber forderte die Bundesregierung auch dazu auf, mit den Gewerkschaften eine Debatte zur "neuen Kultur der Arbeit" anzustoßen. Die IG Metall sieht zunehmende Belastung am Arbeitsplatz, Ausstiegsmöglichkeiten für ältere Beschäftigte vor dem 67. Lebensjahr, aber auch immer mehr unbezahlte Mehrarbeit als Themen für eine gesellschaftliche Debatte.

In der Quadratur des Kreises versuchte sich Huber beim Thema ökologischer Umbau. Man brauche industrielles Wachstum, sonst gelinge der ökologische Kurswechsel nicht. "Es geht um qualitatives Wachstum. Voraussetzung dafür ist eine nachhaltige Industriepolitik", sagte Huber. Als Beispiel nannte er mehr Energie- und Materialeffizienz in der Produktion, erneuerbare Energien, nachhaltige Mobilität oder den Ausbau eines industriellen Recyclingsystems. Um den ökologischen Umbau zu beginnen, braucht es laut Huber auf europäischer Ebene ein "Investitionsprojekt": "Das ist schon lange überfällig."

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3 Kommentare

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  • M
    Martin

    @yberg

    Gerade die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft ist ein Lehrbeispiel für die Schwäche der IG Metall. Ich sehe die Organisation auch sehr kritisch, allerdings sehe ich gerade diesen Kongress hauptsächlich als Zeichen der eigenen Schwäche. Man erinnere sich: Die 35-Stunden-Woche oder Auseinandersetzungen ums Streikrechtvor 30 Jahren. Damals war die IG Metall mit ihren Zielen gesellschaftspolitisch unglaublich relevant.

     

    Heute glaubt kein Leih- oder Zeitarbeiter, dass Huber sein Leben, sein Berufsleben, entscheidend verändern wird. Und das zu Recht: Es gibt einen gesetzlichen Rahmen für Ausbeutung und der geht aufs Konto der SPD und eben solcher IG Metall-Mitglieder und Funktionäre wie Peter Hartz und Peter Gasse.

     

    Die Gewerkschaft hat m.M. eben nicht mehr den Mut, sich in der Politik aktiv zu betätigen. Huber ist ein Zeichen der Schwäche und des Rückzugs aus der Politik. Den Rahmen für Ausbeutung, Hartz-IV und mieser Arbeit wird die Gewerkschaft definitiv nicht zurückdrehen, sie wird im Detail aber genauso zu feiern versuchen.

     

    Mit der Schröder-SPD hat die Gewerkschaft eben ihren politischen Arm verloren und jetzt kann jeder genau sehen, wie stark die Gewerkschaft ausserhalb einer ihrer Stammfabriken ist: Praktisch Null.

     

    Und Huber braucht bald wieder Merkel, denn der Euro lässt das Wachstum einknicken und dann wird es schnell um Entlassungen und Betriebsschließungen in der Industire gehen, wie so lange vorher auch. Und dann wird Huber sich schnell an die Macht anpassen müssen, damit ihm nochmals jemand Mrd. rüberschiebt, damit seine Belegschaften keinen Kontakt mit Jobcenter und Arbeitsamt machen.

  • Y
    yberg

    die ig metall war in alle stufen der hartz 4 gesetzgebung beteiligt,von der hartzkommision bis zur

    zustimmung im parlament für das schmierenstück des bosses der bosse.

     

    die ig metall kann jederzeit die arbeitskultur in unserer republik entscheidend ändern,aber nicht mit neuen worthülsen fürs mediale off sondern mit aktiver arbeit in den betrieben und deren aufsichtsgremien.

     

    die ig metall ist die stärkste organisierte kraft in den aufsichtsgremien der privatwirtschaft und gibt gleichzeitig das kläglichste bild im ausverkauf der arbeitnehmer- und exarbeitnehmerinteressen ab.

     

    statt den arbeitgebern heiße herbste zu verkünden sollte sie erst mal klein anfangen und allen betrieben ,die die initiative neue soziale marktwirtschaft -INSM- mit ihren verbandsbeiträgen schmieren mit besonderer arbeitnehmer aktivitäten und gegenwehr konfrontieren.

     

    es muß doch einem gewerkschaftsvertreter ehrensache sein abzustellen,daß mit profiten aus der arbeit der belegschaften nicht nur arbeitnehmer interessen und bedürfnisse deren familien diskretitiert werden sondern auch eine rein kapitalistische gesellschaftsordnung angesteuert wir,in der die ig metall mitglieder auf kostenstellen in den ergebniskennzahlen und auf humankapital reduziert werden.

     

    über 100 millionen haben die arbeitgeberverbände metall und elektrotechnik der INSM bis jetzt zukommen

    lassen,um lebensrechte unserer bürger anzugreifen und die gesicherte lebensverhältnisse abhängig beschäftigter auf den kopf zu stellen was ihr auch teilweise gelungen ist.

     

    solange sich die arbeitgeber mit immer geringeren steuerabgaben aus der finanzierung der öffentlichen haushalte und damit auch der schulen zurückziehen

    können,werden auch schon die schüler hinters licht geführt und um lebenschancen der höheren privatprofite willen betrogen.

     

    würde sich die ig metall den chefetagen nicht nach wie vor plump anbiedern,würden nicht nur die schulen die alte erfolgreiche kultur der ausbildung und arbeit leisten können sondern auch endlich die arbeitszeitverkürzung erkämpfen und damit das ausspielen der arbeitsplatzbesitzer gegen die nichtarbeitsplatzbesitzer abstellen.

  • X
    xonra

    Wie wäre es denn mit einer neuen Kultur der Nichtarbeit? Eure Arbeitsethik ist schlicht zum kotzen!