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I N T E R V I E W „Wir bewegen uns im Teufelskreis“

■ Volker Zapke, Interessengemeinschaft der Holzschutzmittel–Geschädigten zum Stand der (Un)Dinge

Interviewer: Manfred Kriener

taz: Wieviele Holzschutzmittel–Geschädigte gibt es in der Bundesrepublik? Volker Zapke: Ich kann Dir nur sagen, wieviel effektiv Geschädigte sich bisher bei uns gemeldet haben, nämlich 4.000. Um die Größenordnung mal klarzumachen: Allein nach dem letzten Beitrag in „Report“ haben uns 2.500 Leute geschrieben. Kannst Du die Gesundheitsschäden der Betroffenen beschreiben? Gibt es da ein typisches Krankheitsbild? Die Krankheitssymptome zeigen kein einheitliches Bild. Sie reichen von leichten Erkrankungen wie Kopfschmerzen, Benommenheit, Mattigkeit, Antriebslosigkeit bis hin zu schwersten Erkrankungen wie Lateralsklerose, Leukämie und Krebs. Die Dioxine schädigen das Immunsystem nachhaltig. Wie sehen denn die bisherigen Erfahrungen mit Schadensersatz–Prozessen aus? Bisher sind fünf Prozesse von Geschädigten gegen den Hersteller anhängig. Die Prozesse sind allerdings noch im Anfangsstadium, da läßt sich noch nichts sagen. Ich kann Dir was von meinem Prozeß sagen: Wir klagen um eine Million DM wegen Gesundheitsschäden und Sachschäden. Da mußt Du erstmal 10.000 DM Gerichtskosten auf den Tisch legen. Dazu kommen die Rechtsanwaltkosten. Das sind mittlerweile nochmal 32.000 DM. Viele Geschädigte klagen immer wieder darüber, daß sie sich mit ihren Problemen allein gelassen fühlen. Wir Holzschutzmittel–Geschädigten bewegen uns eigentlich in einem Teufelskreis. Wenn wir zu den Ärzten gehen, dann wissen die mit unseren Symptomen nichts anzufangen, weil sie von In–Toxikationen keine Ahnung haben, sie haben es nie gelernt. Wenn sich dann der oder die Betroffene an den Hersteller von Holzschutz–Mitteln wendet, dann sagen die, von unseren Holzschutzmitteln kommt das nicht. Dann gehen die Leute zum Bundesgesundheitsamt, und dann bestätigt das BGA, daß z.B. Lindan und PCP (in den Holzschutzmitteln enthaltene Grundsubstanzen, die für die Dioxin–Vergiftungen verantwortlich sind - die Red.) zu den bestuntersuchten toxischen Stoffen gehören. Das heißt, die Leute laufen gegen die Wand. Hat sich denn wenigstens die ärztliche Versorgung gebessert? Ja. Die Symptome werden jetzt schneller erkannt. Aber in Relation zur Gesamtärzteschaft gibt es noch immer nur eine Handvoll von qualifizierten Ärzten, alle anderen wissen nichts. Die PCP–haltigen Holzschutzmittel sind ja über die Gefahrstoff–Verordnung nach dem Chemikaliengesetz faktisch verboten worden... Das ist richtig und da haben wir lange drauf gewartet. Aber was passiert mit den Altlasten? Die Leute, die auf ihrem Dreck sitzen, die trifft es immer noch. Und die Zahl der Betroffenen nimmt weiter zu. Je mehr Öffentlichkeit zu diesem Thema hergestellt wird, desto mehr Leute melden sich als Geschädigte. Die Betroffenen wissen ja oft nicht, woher sie z.B. ihre jahrelangen Kopfschmerzen haben. Die Ärzte wissen es auch nicht. Und die normalen Blutbilder beinhalten ja keine Messungen von Giftstoffen. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft ermittelt gegen 40 Firmen der Holzschutzmittel–Industrie wegen Verdachts der Körperverletzung. Ja, wir haben schon im Februar 1984 Strafanzeige gestellt. Bisher haben sich bei der Staatsanwaltschaft 3.000 Betroffene gemeldet. Die Staatsanwaltschaft hat sich bisher hauptsächlich um die Hersteller–Firmen gekümmert. Sie hat sich aber noch nicht um das Bundesgesundheitsamt gekümmert. Es muß doch die Frage gestellt werden, nach welchen Kriterien die Mittel damals zugelassen worden sind. Wir prüfen gegenwärtig, ob wir auch gegen das BGA eine Strafanzeige stellen müssen.

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