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I N T E R V I E W Projekte nicht speziell fördern

■ Für Wirtschaftsminister Schmidt ist der Alternativtopf eine ideologische Seifenblase der Grünen

taz: Herr Minister, der von Ihrer Regierung vorgelegte Nachtragshaushalt weist zusätzliche 25 Millionen DM für den Straßenbau auf. Gleichzeitig sollen Sie 33,6 Millionen DM einsparen. Wem werden Sie dieses Geld wegnehmen. Mit der Zerschlagung des Geldtopfes für die selbstverwalteten Betriebe wird das ja nicht getan sein. Alfred Schmidt: Nein, weiß Gott nicht. Und „Zerschlagung“, das ist eine Vokabel, die ich nicht akzeptieren kann. Ich habe in diesem Hause quer durch alle Aufgabenbereiche sparen müssen. In einigen Bereichen hat das auch wehgetan ... Die Streichung der Kredite für die Alternativbetriebe hat Ihnen aber nicht wehgetan ... Ich habe eine Synopse in Auftrag gegeben, die klären soll, welche Möglichkeiten es gibt, alternative Betriebe im Rahmen der allgemeinen Förderung zu unterstützen. Was mich dennoch an der ganzen Geschichte gestört hat, ist genau das, was auch viele andere Betriebsinhaber kritisierten: daß es einen besonderen Topf für alternative Betriebe gegeben hat. Wurden andere dadurch benachteiligt? Nein, aber man hat einen anderen Fördertatbestand eingeführt, gegen den ich mich generell wende, ob es nun um alternative Betriebe geht oder um andere. Finden Sie nicht, daß Betriebe, die unter besonderen Bedingungen arbeiten, auch besonderer Förderrichtlinien bedürfen? Was sollen das für besondere Bedingungen sein? Ich möchte Ihnen ein Beispiel geben: Auf der einen Straßenseite etabliert sich ein sogenanntes alternatives Cafe, auf der anderen ein sogenanntes normales. Der eine wird dann aus dem Alternativtopf gefördert und der andere aus dem normalen Topf. Diese Unterscheidung ist doch durch nichts zu rechtfertigen. Vielleicht erfüllt der eine alternative Betrieb ja noch eine soziale Funktion in einem Stadtteil, während der andere Betrieb lediglich auf Gewinnmaximierung ausgerichtet ist. Dem muß ich ganz heftig widersprechen. Ich war selbst Inhaber eines Handwerksbetriebes. Was die soziale Einstellung gerade in den kleinen Handwerksbetrieben anbelangt, lassen die sich durch nichts übertreffen. Aber Sie können doch die etablierte Malerfirma Schmidt nicht mit einer Arbeitslosen–Selbsthilfeinitiative vergleichen, die auf eigenen Beinen will. Es gibt in Hessen ganze 300 Betriebe, die man als alternativ bezeichnen kann. Und dann gibt es noch rund 1.000 weitere, die sich auch alternative Betriebe nennen, die aber keine sind. Und genau diese Betriebe könnten alle nach den normalen Richtlinien der Wirtschaftsförderung gefördert werden. Dazu brauche ich keinen Alternativtopf, der lediglich eine ideologische Seifenblase der Grünen war. Der einzige Unterschied zu den normalen Förderprogrammen war die Einführung der Landesbürgschaft für Kredite an die Alternativbetriebe. Doch auch hier gibt es für die alternativen Betriebe die Möglichkeit, mit dem Land Gespräche über die Gewährung von Kreditbürgschaften oder über die Bildung von Kreditgemeinschaften zu reden, für die das Land dann die Bürgschaft übernimmt. Sie würden also - bei Antägen der Alternativbetriebe auf „normale“ Wirtschaftsförderung - Kreditbürgschaften befürworten? Ja. Nun haben ja sehr viele dieser Betriebe nicht mit einem Regierungswechsel in Hessen gerechnet und die zu erwartenden Gelder bereits verplant. Sie geraten nun in Existenznot. Einige der betroffenen Betriebe können damit rechnen, weiter mit Fördermitteln bedacht zu werden. Zur Zeit wir geprüft. Ich habe Mittel zurückgestellt, damit die Abwicklung für diese Betriebe noch laufen kann. Und ich habe auch bereits Genehmigungen erteilt, bei irgendeinem Cafe ... Das sind dann aber Einzelfallentscheidungen ... Ja, aber es gibt einen gewissen Vertrauensschutz für diejenigen, die fest damit rechneten, weiter gefördert zu werden. Mit dem deutlichen Hinweis darauf, daß es das Programm als solches nicht mehr gibt, werden diese Betriebe weiter gefördert. Das läuft dann aber auch aus.

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