Hygiene-Smileys: Pankow schenkt reinen Wein ein
Die Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen in der Gastronomie sind wieder online - aber nicht in allen Bezirken.
Neun Monate lang konnten Ekel-Gaststätten in Pankow darauf vertrauen, dass ihre Gäste nicht erfahren, wie es in der Küche zugeht. Jetzt haben die Lebensmittelkontrolleure ihre Liste mit den Smileys wieder online gestellt. Die Gäste der Pizzeria Pinocchio in der Pappelallee 19 erfahren so auf der Webseite des Bezirksamtes, dass die Küche in der Kategorie „Betriebshygiene“ 13 von 13 möglichen Minuspunkten bekam. Weil laut dem Bezirksamt in der Pizzeria auch die Mitarbeiter schlecht geschult sind, bei der Lagerung von Lebensmitteln die Temperaturen nicht eingehalten und Schädlinge unzureichend bekämpft werden, gibt es für das Lokal auch die schlechtestmögliche Gesamtbewertung: ein rotes Smiley mit heruntergezogenen Mundwinkeln.
52 geprüfte Küchen
Im September 2012 hatte der Bund ein neues Verbraucherinformationsgesetz beschlossen. Pankow nahm daraufhin seine Liste vom Netz, um sie an die neue Rechtslage anzupassen. Jetzt ist die Restaurantkritik der besonderen Art wieder online, mit zunächst 52 Einträgen. Ein rotes Smiley wegen Hygienemängeln bekamen etwa die Gaststätte Desi in der Dunckerstraße und Bozkurt, ein mobiler Saftladen auf dem Helmholtzplatz. Besonders gut schneiden das Altenheim Haus Ruth und die Kita Knirpsenland ab – hier gab es kein Haar in der Suppe.
Pankow hat die Veröffentlichung mit den Bezirken Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Tempelhof-Schöneberg abgestimmt. Auch diese Bezirke wollen die Ergebnisse der Lebensmittelkontrollen in Kürze wieder auf ihre Webseiten stellen. Man wolle „hin zu einem System zu noch mehr Transparenz für die Verbraucher“, so der in Marzahn-Hellersdorf für das Ordnungsamt und die Lebensmittelsicherheit zuständige Bezirksstadtrat, Christian Gräff (CDU).
In anderen Bezirken werden die Ergebnisse der Lebensmittelkontrolle unter den Teppich gekehrt. Die im Koalitionsvertrag von SPD und CDU vorgesehene landesweit einheitliche Veröffentlichung ist gescheitert. Justiz- und Verbraucherschutzsenator Thomas Heilmann (CDU) bewertet die neue Rechtslage durch das Verbraucherinformationsgesetz nämlich anders als Pankow und die anderen Bezirke: Heilmann sieht keine rechtliche Möglichkeit zur Veröffentlichung. Ob er Recht hat oder die Bezirke – das werden Gerichte klären, sobald die ersten Gastwirte aus Pankow dagegen klagen, dass die Öffentlichkeit von den unhygienischen Zuständen in ihren Küchen erfährt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Lang geplantes Ende der Ampelkoalition
Seine feuchten Augen
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“