piwik no script img

Hungersnot in SomaliaOffensive gegen Islamisten

Laut einem UN-Untersuchungsbericht kassieren islamistische Shabaab-Milizen Helfer ab. In Mogadischu begann die afrikanische Friedenstruppe eine Offensive gegen die Milizen.

Ein Shabaab-Milizionär wacht über eine Lebensmittelverteilung in Mogadischu. Bild: reuters

NAIROBI/MOGADISCHU rtr/afp/taz | Die Vereinten Nationen halten Somalias islamistische Shabaab-Milizen für das Haupthindernis für eine effektive Versorgung der Hungernden. Das geht aus dem noch unveröffentlichten jüngsten Untersuchungsbericht der für die Überwachung des geltenden Waffenembargos gegen Somalias Islamisten zuständigen Monitoringgruppe, der der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt.

"Das größte einzelne Hindernis für humanitäre Hilfe in Somalia ist beständig Zugangsverweigerung durch bewaffnete Gruppen gewesen, hauptsächlich Elemente der Shabaab", heißt es in dem Bericht. Die Shabaab-Milizen kontrollieren fast ganz Südsomalia, einschließlich Teile der Hauptstadt Mogadischu. In ihrem Gebiet ist die aktuelle Hungersnot am schlimmsten.

Shabaab-Offizielle verlangten Geld von Hilfswerken, so der UN-Bericht. Typisch sei eine Einlassgebühr von 10.000 US-Dollar, gefolgt von weiteren 10.000 US-Dollar Registrierungsgebühr und einer Steuerzahlung von 6.000 US-Dollar alle sechs Monate. Die Miliz verbietet dem UN-Welternährungsprogramm WFP sowie einigen anderen Hilfswerken wie Care die Arbeit in ihrem Territorium, aber andere Hilfswerke wie das Rote Kreuz können dort arbeiten. Noch vergangenes Jahr hatte die Monitoring-Gruppe der UNO dem WFP vorgeworfen, selbst mit Mittelsmännern der Shabaab zusammenzuarbeiten.

Der UN-Bericht kommt, während das WFP versucht, mit Hilfsflügen seine Versorgung von Hungernden in Mogadischu auszuweiten. Auf einen ersten medienwirksamen Flug mit Spezialnahrung für Kinder aus Nairobi nach Mogadischu am Mittwoch den zahlreiche Medien irrtümlich als ersten Hilfsflug in die somalische Hauptstadt und als Beginn einer "Luftbrücke" bezeichnete, folgte bislang kein weiterer.

Parallel dazu hat die afrikanische Friedenstruppe Amisom, die in Mogadischu die somalische Regierung gegen die Shabaab verteidigt, eine Großoffensive begonnen. Mit Panzern und begleitet von schwerem Artilleriefeuer durchbrachen die Amisom-Truppen die Frontlinie nahe des Bakara-Markts, Mogadischus größter Markt, bislang unter Shabaab-Kontrolle. Anwohner ergriffen die Flucht. Die Sicherheitskräfte hätten eine "kurze, taktische, offensive Operation" zum Schutz von Flüchtlingen gestartet, sagte der ugandische Oberstleutnant und Amisom-Sprecher Paddy Ankunda. D.J.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • G
    grafinger

    Na klar, "Hintergrundwissen" da hast Du mal kurz in Wikipedia nachgesehen und schon hältst Du Dich für den größten lebenden Somaliaexperten.

    Nur hast Du leider eines par tout nicht verstanden:

    Die 7 Hauptclans mit ihren Gefolgen haben das Land nach dem Sturz Barrés und seiner rigorosen Anti-Clan-Politik in die Anarchie gestürzt. Die These, "untereinander kommen sie (die Clans) klar" ist absolut falsch und was Du mit "Jede dieser Großfamilien regiert sich also selbst" bezeichnest ist nichts anderes als das Faustrecht.

    Aber Hauptsache Du kannst die Fakten so lange verdrehen bis "der Westen und nur der Westen an allem Schuld ist".

  • FG
    Fabisch, Gabriel

    ... und wenn man als verwöhnter Europäer nun doch irgendwie helfen - spenden - möchte: Bei welchen Projekten werden Gelder wirksam weitergeleitet, liebe taz?

  • H
    Hintergrundwissen

    Die westlichen “Hilfslieferungen” sind ein weiteres Instrument der politischen Manipulation.

    Und AMIsom sind die größten Verbrecher!

    Somalia ist durch Stämme organisiert (ähnlich wie Afghanistan), mit dem Unterschied daß sie keine festen Gebietsansprüche haben denn die meisten sind Nomaden.

    Jede dieser Großfamilien regiert sich also selbst (nach überwiegend islamischen Regeln), und auch untereinander kommen sie klar (so lange keine Einmischung von außen einwirkt).

     

    Diese Art der Organisation ist den westlichen Ländern ein Dorn im Auge weil sie nicht "faßbar" ist.

     

    Deshalb wollen sie eine Zentralregierung nach westlichem Vorbild durchsetzen, denn die kann man viel leichter beeinflussen als all die einzelnen “Häuptlinge”.

    Die Hilfslieferungen begünstigen einige Clans und andere Großfamilien (rechtgläubig muslimische) werden systematisch benachteiligt.

    Das führt natürlich zu Unruhen.

     

    Genau das ist aber der Zweck der Übung: Wenn sich die Clans untereinander anfeinden, malt sich der Westen aus als “Friedensstifter” aufzuteten und das zerstrittene Land unter einer Einheitsregierung zu vereinigen.

    Dann braucht man nur noch einen Karsai-ähnlichen Regierungschef, und voilá – freie Bahn für die Ausbeutung!

     

    Das ist auch der Grund weshalb die Übergangsregierung international anerkannt ist. Die meisten Einheimischen lehnen sie aber ab, und so kommt es zu Auseinandersetzungen.

     

    Ohne die internationalen UN-Truppe der Afrikanischen Union wäre die Übergangsregierung längst weg vom Fenster.

     

    Das somalische Volk will nämlich gar keine Zentralregierung, auch nicht als Übergangslösung.

    Das Volk vertraut lieber den lokalen Autoritäten ihrer Clans.

     

    Der Westen aber unterstützt die Regierung und instrumentalisiert die Afrikanische Union um Harakat al-Shabaab al-Mujahideen zu bekämpfen, denn…. ja warum??

    weil….. na? …….weil der Westen befürchtet, daß die islamische Organisation Al Shaabab nicht nur den Süden des Landes regiert, sondern – aus Somalia einen islamischen Staat macht.

     

    Das sind keine Mutmaßungen von mir, sondern westliche Politiker sagen das ganz unverholen. Deshalb gibt es auch ein Bundeswehr-Mandat für Somalia!

    Über die Fortführung der “EU-Trainingsmission” in Somalia wird im Bundestag diskutiert.

    Bittesehr:

    http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/065/1706599.pdf