Huffington-Post-Ableger "Gay Voices": Mehr als nur Cha Cha Cha
Die "Huffington Post" startet "Gay Voices" als einen von mehreren Special-Interest-Ablegern – nicht zuletzt für mehr Leserbindung und bessere Anzeigenvermarktung.
Das erste Tänzchen von Chers transsexuellem Sohn Chaz Bono bei der amerikanischen Ausgabe von "Let’s Dance", die heißesten lesbischen Liebesszenen in Hollywood-Filmen oder der schwule Soldat, der nach dem Ende von "Don’t ask don’t tell" endlich stolz in Uniform zum Homo-Treffen geht. Wer Gay Voices, den neuen Ableger der Huffington Post, liest, liest sie alle. Die homosexuellen und die transsexuellen Stimmen, die politischen und die populären.
Anfang des Monats verkündete HuffPost-Gründerin Arianna Huffington den Launch ihres Special-Interest-Ablegers. Kein ganz neues Themengebiet für die Macher der Seite, die schon immer über die politischen Fortschritte wie Rückschläge in Bezug auf die Gleichstellung von Homosexuellen in den USA berichtet hat. Und so soll "Gay Voices" es den Lesern erleichtern, alle Artikel und Blogs zum Thema "zu finden, zu teilen und zu diskutieren", wie Huffington schreibt.
Die Special-Interest-Idee ist nicht ganz neu. Man kennt das von Frauenmagazinen, die mit diversen Ablegern für enger gefasste Zielgruppen versuchen, Anzeigenkunden besser zu bedienen. Und auch die "Gay Voices" will natürlich nicht nur Advokat für den Kampf um Gleichstellung sein, auch wenn Redakteur Noah Michelsen in seinem Editorial zu Recht anmerkt, dass die "Gay Voices" eine Berechtigung hat, so lange Schwule und Lesben diskriminiert, traumatisiert und zu Opfern gemacht werden. "Niemand sollte behaupten, dass wir in einer 'post-homosexuellen' Ära leben."
Unerwähnt bleibt neben der gezielten Leserbindung und der Schärfung des linken Profils der HuffPost die Chance, auf der "Gay Voices" ebenso gezielt die Bindung des Users zu erhöhen. Nach eigenen Angaben hat die Huffington Post im vergangenen Monat erstmals mehr als eine Millarde Seitenzugriffe gehabt, damit gehört sie zu den beliebtesten und einflussreichsten Seiten in den USA. Mehr als fünf Millionen Kommentare hinterließen die Besucher.
Über 30 Millionen Leser
Über die HuffPost-Erlöse wird eher geschwiegen, man habe im vergangenen Jahr erstmals Gewinn gemacht, heißt es lediglich. Doch die Möglichkeiten der Seite, die ihre Inhalte vielfach auch von anderen Nachrichtenkanälen generiert, waren AOL im April den Kaufpreis von 315 Millionen Dollar wert. Die geschätzten 30 Millionen Besucher pro Monat – im September sollen es sogar mehr als 37 Millionen gewesen sein – verheißen Millionen mögliche Einnahmen durch Anzeigen.
Und so verkündete die immer noch über den Inhalt wachende Huffington nicht nur den Launch der "Gay Voices", sondern gleich einen "Grand Slam an neuen Seiten". Neben den Homo-, Bi- und Transsexuellen sollen sich künftig auch Teenager, frisch Vermählte und die Generation der Baby Boomers besonders angesprochen fühlen. Huff/post50, Huffpost High School und Huffpost Weddings ("Kleider! Kuchen! Brautjungfern! Erste Tänze!") heißen die Ableger, die Autoren, Blogger und User künftig bespielen sollen.
Es stellt sich das Facebook-Gefühl ein: Lerne Deine Nutzer bestmöglich kennen, um sie anschließend gewinnbringend zu vermarkten – nur ohne Anmeldung und Like-Button. Dafür mit journalistischer Ausrichtung und einem Pool an Autoren und Bloggern, die etwas zu sagen haben.
Denn, das sei bei aller Geschäftstüchtigkeit der "Huffington Post Media" gesagt: Die Geschichte von Chaz Bono geht weit über die Bewertung seiner Cha-Cha-Cha-Leistung hinaus. Es ist vielmehr eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema Transsexualität und der Schwierigkeit, diese in der Gesellschaft offen zu leben.
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