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Horst Seehofer redet über ÖkostromCSU macht auf Grün

Ministerpräsident Seehofer will Bayern auf neue Energien trimmen. Bisher bezieht der Freistaat über 60 Prozent seines Stroms aus der Atomkraft.

Horst Seehofer trinkt Bier beim politischen Aschermittwoch in Passau. Nun predigt er die Energiewende. Bild: dpa

MÜNCHEN taz |So angestrengt grün hat sich die CSU wohl noch nie präsentiert. Diese Woche im bayerischen Landtag: Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer soll über den Landeshaushalt sprechen.

Und Seehofer: Hält einen Vortrag über die von ihm geplante "Energiewende". Energie sparen, Energieeffizienz erhöhen, Umstieg auf neue Energieträger, hastete Seehofer durch seine Stichpunkte. "Wir werden bis Mitte Mai Pläne für die Energiewende vorlegen." Sein Ziel: Bayern soll im Eiltempo zum Vorreiter bei den erneuerbaren Energien werden. Jetzt auf einmal.

Denn bisher ist die bayerische Energieversorgung vor allem in einem Bereich führend: in der Atomkraft. Über 60 Prozent seines Stroms bezieht der Freistaat aus seinen fünf Atomreaktoren. Die CSU-geführte Regierung setzte sich stets für die Atomkraft ein. Unter Seehofer war die CSU eine treibende Kraft hinter der AKW-Laufzeitverlängerung der Bundesregierung. Noch vergangenen Sommer forderte der CSU-Chef, ganz auf einen Termin für den Atomausstieg zu verzichten. Die Kraftwerke sollten laufen, so lange sie sicher sind.

Dann kam die AKW-Katastrophe von Japan und die Wahlniederlage der CDU in Baden-Württemberg. Ein "apokalyptisches Ereignis" nennt Seehofer den AKW-Unfall von Fukushima und präsentiert sich und seine Parteifreunde nun als Vorkämpfer für eine Welt ohne Atomkraft.

Bayrischer Energieatlas

Diese Woche präsentierte Bayerns Umweltminister Markus Söder (CSU) einen Energieatlas, der detailliert für jeden Ort im Freistaat ungenutzte Potenziale etwa für Solarenergie, Windkraft oder Geothermie zeigt. Söder kündigte an, man werde mit dem Nachbarland Baden-Württemberg in einen Wettbewerb um die schnellere Energiewende treten. Erstes Ziel: Söder wünscht sich eine Verdoppelung der Windkraftanlagen in Bayern. Zu einer Spitzenposition wird das nicht reichen. In der Windkraft ist Bayern mit einem peinlich geringen Anteil von einem Prozent an der Erzeugung Schlusslicht unter allen Bundesländern.

Die Opposition zweifelt noch am grünen Ehrgeiz der CSU-FDP-Regierung. Denn im diese Woche verabschiedeten Landeshaushalt sind für die gepriesene Energiewende keine Mittel vorgesehen. Der Umweltetat wird sogar um fast 100 Millionen Euro gekürzt. Söder verteidigte den Etat, vor der Umsetzung müsse erst ein Konzept erstellt werden.

Noch ist wenig über die Pläne bekannt, aber die Grünen im Landtag warnen schon jetzt, die neue Energiepolitik der Landesregierung könnte den gleichen Großkonzern bevorzugen wie die bisherige Atompolitik: Eon. "Energiewende heißt für uns nicht, die Position von Eon am Leben zu halten", meint der energiepolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Ludwig Hartmann.

Wirtschaftsminister Zeit hat bereits angekündigt, er setze für den Übergang zu den Erneuerbaren auf den Ausbau von Gaskraftwerken. Eon baut schon jetzt sein Gaskraftwerk im oberbayerischen Irsching aus. Im Sommer 2010 beschloss die bayerische Regierung, vor allem die Wasserkraft auszubauen. Wichtigster Betreiber von Wasserkraftwerken im Freistaat: Eon.

Die Details der Regierungspläne will Ministerpräsident Seehofer in wenigen Tagen dem Landtag vorstellen. Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause hat Zweifel, dass den Ankündigungen auch Taten folgen: "Immer, wenn wir Wahlerfolge haben, entdeckt die CSU die Ökologie, um sie wieder zu vergessen."

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2 Kommentare

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  • GA
    GEGEN AUTOS

    Grün ist keine Partei. Soll sich die Partei als GEGEN AUTOS PARTEI neu und bundesweit aufstellen, dann vielleicht...

  • F
    Frank

    Faktisch setzen Betreiber und Regierung die Gesundheit und das Leben von Generationen auf Spiel. Zusätzlich werden Land, Grundwassser, Küste und das Meer dauerhaft verstrahlt sein.

     

    Rotzfrech wird die Welt durch wohldurchdachte Lügen desinformiert. Alles verdünnt sich...

    Die Wissenschaft schweigt und die Politik definiert neue, der aktuellen Situation angepasste, höhere "Grenzwerte" als vertretbare Belastung von Mensch und Umwelt.

     

    Die Reaktion der direkt ortsansässigen Opfer, aber auch weltweit ist dem Ereignis unangemessen. Die politischen und wirtschaftlichen Befürworter, Profiteure und Verursacher des Restrisikos werden nicht zum Teufel gejagt sondern als Adressat von "Forderungen" auch für die Zukunft als Organisatoren der Lebenswirklichkeit im Amt bestätigt! Dieselben Personen die gestern noch, für Jahrhunderte, die Unbedenklichkeit der Atomanlagen und den geplanten Endlagerstätten garantiert und politisch propagiert haben, wissen auch heute ganz genau welche Reaktoren sicher sind.

    Und zusätzlich bietet sich die Möglichkeit bei dieser Gelegenheit gleich klar zu stellen, dass die Gewinnerwartungen der "Wirtschaft" auf keinen Fall zu

    Schaden kommen darf. Strom wird, ja muss teurer werden.

    Die Schäden für Mensch und Umwelt müssen deshalb zusätzlich sozialisiert, durch "die Gesellschaft" getragen werden.

     

    Ganz friedlich werden Mensch und Umwelt für Generationen unbewohnbar, kumuliert sich der radioaktive Abfall in Luft, Wasser und Boden. Ganz friedlich werden die messbaren Anstiegsraten von Missbildungen und Krebserkrankungen als unvermeidbares Lebensrisiko definiert. Ganz friedlich wird der Nachweis des ursächlichen Zusammenhang zwischen messbarer Strahlung und den nachgewiesenen Erkrankungen den Opfern auferlegt und teilweise schlicht geleugnet.

    Die wissenschaft wird als Waffe gegen die Bevölkerung eingesetzt.

    Nicht die Atomindustrie und ihre politischen Hebammen müssen beweisen dass von deren Handlungen kein Schaden ausgeht! Im Gegenteil. Die Opfer benötigen den wissenschaftlichen Nachweis des Zusammenhangs zB. von Blutkrebs und radioaktiver Belastung.

    Die Unkenntnis der SICHTBAR und MESSBAR schädlichen Wirkungsweise, die "Dummheit" der Betreiber und der politisch "Verantwortlichen" wird zum Argument FÜR Atomkraft gegen die Opfer benutzt. Gerade weil nicht nachweisbar ist, wie im wissenschaftlichen Detail die MESSBAREN und SICHTBAREN Schäden entstehen, kann man die Opfer mit dem "Argument" abspeisen und beeinflussen, wissenschaftlich sei nichts bewiesen!

     

    Und wenn, wo und so selten auch immer, ein Rest vom Nein Danke und von Widerstand auch nur zu lesen ist, dürfen Sie sich sicher sein, dass die Staatsanwaltschaft bereits ermittelt. Atomkraft ist Chefsache; Der Rest darf arbeiten und die Folgen tragen; Gesundheitlich, finanziell und ökologisch.

     

    Prost!