: Hopfen & Reis
Die deutschen Kolonialherren, über die Nike Breyer mit Wilhelm Matzat im taz.mag der Vorwoche sprach („Das war der Boden für Tsingtaus Erfolg“), haben die Tsingtauer angesteckt. Die Deutschen hatte es im fernen Osten nämlich so nach heimatlichem Bier verlangt, dass sie 1903 kurzerhand eine Brauerei auf dem neuesten Stand der Technik (Siemens) erbauten: „Feinste helle Biere nach Pilsner und dunkle Biere nach Münchner Art“, versprach eine „Germania“-Anzeige. Den Chinesen schmeckte der Gerstensaft so gut, dass sie die Brauerei weiterbetrieben, als sich die Deutschen 1914 und die Japaner 1945 wieder verzogen hatten. „Tsingtao“ ist heute die größte Brauerei Chinas und die Nr. 2 auf dem Bier-Weltmarkt. Deutschland gehört zu den Hauptimporteuren. Überhaupt reicht die Liebe für die ehemaligen Kolonisten am Tsingtao-Firmensitz weit. Jährlich wird in der Metropole Qingdao ein Oktoberfest ausgerichtet und dabei kein Aufwand gescheut, ebenso zünftig wie in München zu feiern. Nur beim Bier selbst ist mit der Originaltreue Schluss. Weil mit Reis gebraut wird, ist das deutsche Reinheitsgebot von 1516 (nichts als Hopfen, Gerste, Wasser!) aufs Empfindlichste verletzt.
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