piwik no script img

Hooligans griffen Hafenstraße an

Nach Fußballspiel: schwere Auseinandersetzungen in Hamburg-St.Pauli / Polizei zeitweise hilflos und unvorbereitet gegenüber Fans / Auf einem Flugblatt hatten die Fußballfans ihre Absichten angekündigt / Festnahmen auch in der Nähe des Stadions  ■  Aus Hamburg Axel Kintzinger

Nach dem Halbfinalspiel zwischen der BRD und Holland haben sogenannte Hooligans in Hamburg-St.Pauli schwere Auseinandersetzungen provoziert. Anfänglich unbehindert, stürmten in der Nacht zu Mittwoch mehr als 200 militante Fußballfans zu den ehemals besetzten Häusern in der Hafenstraße. Schon im Vorfeld der EM gab es Anzeichen für einen solchen Überfall, während des Spiels wurden im Stadion Flugblätter verteilt, die zum Sturm auf die bunten Häuser am Hafenrand aufforderten.

Mehr als eine Viertelstunde lieferten sich die Hooligans mit etwa 150 Leuten aus der Hafenstraßen-Szene eine erbitterte Schlacht - im Hagel von Steinen, Flaschen und Molotow-Cocktails wurde eine nicht näher bekannte Zahl von Personen verletzt. Im Rahmen der Auseinandersetzungen lieferte sich die Polizei Prügeleien mit Personen aus der Hafenstraße als auch mit Hooligans, die in Kleingruppen durch St.Pauli zogen, Autos und Gaststätten demolierten.

Bereits unmittelbar nach Spielende wurden Polizeieinheiten nach eigenen Angaben von Hooligans mit Tränengas, Stöcken, Steinen und Flaschen angegriffen - 20 Personen wurden in der Nähe des Volksparkstadions festgenommen. Die etwa 15.000 holländischen Fußballfans, die sich anläßlich des EM-Spiels in Hamburg aufhielten, dominierten mit ihrer Orange -Kostümierung zwar zeitweise den Stadtteil St.Pauli, speziell die Reeperbahn, waren an den Auseinandersetzungen aber nicht beteiligt.

Ein Mitarbeiter des Hamburger Fan-Projektes stellte erschüttert fest, daß mit diesen Krawallen „eine neue Qualität der Auseinandersetzung“ erreicht wurde. Zum wohl ersten Mal hatten Hooligans vor der Polizei nicht Reißaus genommen, sondern sich den Beamten „zum Kampf“ gestellt.

Eine Mitschuld an der Randale trifft den Senat der Hansestadt. Auf öffentlichen Druck und erst unmittelbar vor Beginn der EM wurden dem Fan-Projekt magere 25.000 Mark zur Verfügung gestellt - die hannoverschen Fan-Betreuer etwa konnten mit einer halben Million Mark ein Rahmenprogramm für die angereisten Fußballfreunde veranstalten. Reportage auf Seite 5

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen