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Honecker in der KPD

■ Neue Heimat für den Ex-Parteichef

Berlin (taz) — Den „Wendehälsen“ der PDS wollte sich Erich Honecker nicht anschließen — die hätten ihn wohl auch kaum angenommen. Die alte SED ist auf immer verschwunden, und die westdeutsche DKP kam wohl auch nicht in Frage. Doch jetzt zeitigte die Suche des ehemaligen Generalsekretärs der SED nach einer neuen (alten) politischen Heimat Erfolg: Seit September ist der Ex- Staatslenker und Untersuchungshäftling in Berlin-Moabit unter der Nummer 002403 Genosse bei der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD). Noch ist er nur einfaches Mitglied.

„Honecker wollte als aufrechter Kommunist wieder organisiert sein“, sagt KPD-Vizechef Hans Wauer, der den Ex-DDR-Chef bereits dreimal in der Untersuchungshaft besucht hatte. Da Honecker laut Wauer „bettelarm ist und bei einer Freilassung eigentlich unter einer Brücke schlafen müßte“, hat ihm die Partei zunächst den Mitgliedsbeitrag erlassen. Normalerweise müssen die Mitglieder der KPD, die sich an den Idealen von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht orientieren, ein Prozent ihres Einkommens an die Partei zahlen.

Die etwa 500 KPD-GenossInnen werden sich nun um den greisen früheren DDR-Staatslenker verstärkt kümmern, kündigte Wauer an. Seine Partei, die nach der Wende in Ostdeutschland gegründet wurde, sei zwar nicht mit allem, was Honecker gemacht habe, einverstanden, aber „auch ich habe schon als Parteivizechef Fehler gemacht“. Unter den neuen GenossInnen befindet sich auch Karl-Eduard von Schnitzler („Der schwarze Kanal“). Er schreibt für das Parteiblatt Rote Fahne.

Die Berliner Staatsanwaltschaft beschäftigt sich derweil ernsthaft mit der Frage, ob die KPD etwa eine Ersatz- bzw. Nachfolge-Organisation der 1956 verbotenen KPD der Bundesrepublik sein könnte. Dann nämlich müßte sie entsprechend des damaligen Urteils des Bundesverfassungsgerichts verboten werden. klh

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