Homophobie in Uganda: "Obama, zur Hölle!"
Der Streit über Homosexualität eskaliert, afrikanische und amerikanische Konservative machen gemeinsam mobil. Ein Großaufmarsch wurde kurzfristig abgesagt.
"Obama, zur Hölle mit deinen Hilfsgeldern" stand auf den Plakaten, die hunderte Demonstranten durch die Straßen von Jinja trugen. US-Präsident Barack Obama hatte zuvor Ugandas geplantes Antihomosexuellengesetz, das Homosexualität unter bestimmten Umständen mit der Todesstrafe belegen soll, als "abscheulich" bezeichnet.
Die Demonstration in der ugandischen Kleinstadt am Montag sollte einen Vorgeschmack geben auf die für den gestrigen Mittwoch geplante Großdemonstration gegen Homosexuelle in der Hauptstadt Kampala, zu der eine Million Menschen erwartet wurden.
Diesen Aufmarsch hat die Polizei aus Angst vor Gewalt kurzfristig abgesagt, denn der Streit über das Antihomosexuellengesetz, das derzeit im ugandischen Parlament diskutiert wird, wird immer heftiger. Homosexualität ist in Uganda ohnehin illegal, doch laut dem Entwurf soll darauf nun lebenslange Haft stehen. Ist ein Partner HIV-positiv, behindert oder unter 18, ist sogar die Todesstrafe möglich, besagte der erste Entwurf. Das wurde nach internationaler Kritik abgeschwächt: "Die Todesstrafe geht dann doch etwas zu weit", sagt James Butoro, Ugandas Minister für Ethik und Anstand.
Eingebracht hat das Gesetz der parteilose Parlamentsabgeordnete David Bahati. Er hat einflussreiche Mitglieder der evangelischen Kirchen hinter sich gesammelt. Viele dieser Pastoren erhalten Förderung aus konservativen Kreisen in den USA. Einer davon ist Pastor Martin Ssempa. Der Ugander erzählt gern von seiner Zeit als Sozialarbeiter in Philadelphia: "Meine Klienten haben mir erzählt, dass sie sich gegenseitig die Faust in den After schieben", berichtet er und verzieht angewidert das Gesicht. Dennoch kann er es nicht lassen, solche und ähnliche Aktfotos in seinen Sonntagspredigten vorzuführen. Der populäre Pfarrer ist in Kampala außerdem dafür berühmt, in seiner Kirche Kondome zu verbrennen. Ssempa beschuldigt europäische Nichtregierungsorganisationen, Homosexualität nach Afrika exportieren zu wollen.
Gegen Homophobie zieht nun Ugandas berühmtester Künstler Daudy Karungi ins Gefecht. Ein Bild, das er derzeit in seiner Afriart Gallery in Kampala ausstellt, zeigt vier nackte junge Männer. "Opfer?" steht unter den Leibern. Über ihnen thront in aggressivem Rot Pfarrer Ssempa in Predigerpose. "Ich suche Dollars" steht daneben. Ugandas Präsident Yoweri Museveni blickt mahnend auf Ssempa herab. "Mach langsam" steht in seiner Sprechblase.
Solche Aktionen sind riskant. Schwule und Lesben trafen sich am vergangenen Sonntag heimlich unter dem Schutz der unitaristischen Kirche in Kampala. Polizeichef Kale Kayihura reagierte harsch: "Wenn wir die kriegen, sollten wir sie verhaften."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau