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Homo-Ehe in Baden-WürttembergTrauung im Hinterzimmer

Ehen sind Ländersache. In Baden-Württemberg ist das Jawort für Schwule und Lesben allerdings siebenmal so teuer wie für Heteros.

In Hamburg geheiratet: Symbolische Homo-Hochzeit im Jahr 1999. Die "Homo-Ehe" (Eingetragene Lebenspartnerschaft) ist seit 2001 möglich. Bild: ap

Schwule und Lesben haben längst alles erreicht, wenn es um ihre Rechte geht? "Schön wärs", antwortet der Stuttgarter Christopher Street Day (CSD), der unter diesem Motto am Samstag durch die Innenstadt zieht. "Schön wär's", sagen die Schwaben auch, wenn es um eine eingetragene Lebenspartnerschaft geht, genauer gesagt: wenn es dabei um Geld und um einen würdigen Rahmen geht.

Denn in Baden-Württemberg müssen Homosexuelle, wollen sie sich trauen lassen, bis zu 300 Euro auf den Tisch legen. Heterosexuelle zahlen hingegen einheitlich nur 40 Euro. "Wenn das Jawort bei der Homoehe bis zu sieben Mal mehr kostet als bei der Heteroehe, dann ist das eine unglaubliche Ungerechtigkeit", sagt die Landesvorsitzende der Grünen in Baden-Württemberg, Silke Krebs. "Die schwarz-gelbe Diskriminierungs-Koalition hängt einem altbackenen Gesellschaftsbild nach und macht Baden-Württemberg zur letzten Bastion gesellschaftspolitischer Rückständigkeit."

Möglich wurde die Sonderregelung durch die Änderung des Personenstandsrechts 2009. Das regelt im Wesentlichen, unter welchen Voraussetzungen der Personenstand geändert werden kann, wie also Ehen geschlossen und Lebenspartnerschaften begründet werden können. Die damalige Bundesregierung aus Union und SPD sah bei der Gesetzesänderung zunächst vor, dass Lebenspartnerschaften künftig überall vor dem Standesamt geschlossen werden sollen.

Ehen sind Ländersache

CSD in Stuttgart

Motto: Zum elften Mal ziehen Schwule und Lesben durch die Stadt. Unter dem Motto "Schön wärs!" starten sie am Samstag um 16 Uhr; von 18.30 bis 19.15 Uhr gibt es eine Abschlusskundgebung auf dem Schlossplatz.

Größe: Mit 61 Formationen und etwa 3.000 aktiven TeilnehmerInnen soll die CSD-Parade die bisher größte Demo von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgendern durch Stuttgart werden. Im vergangenen Jahr gab es über 200.000 ZuschauerInnen. (nam)

Das hat jedoch der Bundesrat verhindert und stattdessen durchgeboxt, dass in das neue Personenstandsgesetz eine Länderöffnungsklausel aufgenommen wird. Damit durften die Länder weiterhin ihre eigenen Regelungen treffen.

Doch nur zwei Bundesländer haben davon Gebrauch gemacht: Thüringen und Baden-Württemberg. In Thüringen wiederum hat nun die seit 2009 regierende große Koalition festgelegt, dass in ihrem Bundesland künftig auch die Standesämter zuständig sein sollen. In Baden-Württemberg werden Schwule und Lesben dagegen in den Landratsämtern getraut. Diese stellen den frisch Vermählten wegen eines höheren Verwaltungsaufwands, so argumentieren die Ämter, deutlich höhere und auch je nach Landkreis unterschiedlich hohe Kosten für die Trauung in Rechnung.

Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) kritisiert die "homosexuellenfeindliche Landesregierung": "Die halten eisern an den Besonderheiten fest", sagt LSVD-Sprecher Manfred Bruns. Dagegen würde die Ehe stark subventioniert. Die Grünen kritisieren nicht nur die hohen Kosten, sondern auch, dass homosexuelle Paare in "schmucklose Landratsamtshinterzimmer" verbannt würden. "Mappus und Co schlagen lesbischen und schwulen Paaren im wahrsten Sinne des Wortes die Türen der Trauräume vor der Nase zu", sagt Krebs.

Das CDU-geführte Innenministerium des Landes äußerte sich zu dieser Kritik auf taz-Anfrage bis Redaktionsschluss nicht. Ein Sprecher des FDP-geführten Justizministeriums sagte, man halte die jetzige Regelung für wenig sinnvoll. Es sprächen keine sachlichen Gründe dagegen, die Schließung von Lebenspartnerschaften von Standesämtern durchführen zu lassen. Federführend sei jedoch das Innenministerium.

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13 Kommentare

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  • HB
    Helga Beckmann

    Der Kommentar von Herrn Meyer zeigt leider, dass die Homolobby immer wieder mit Halbwahrheiten und Diskriminierungen arbeitet.

     

    1. Zur Halbwahrheit: Es stimmt, dass der Oberste Gerichtshof in Kalifornien das Verbot der Homoehe aufgehoben hat. Allerdings ist verschwiegen worden, dass er die Umsetzung des Urteils ausgesetzt hat, um der anderen Seiten die Berufung zu ermöglichen. Und tatsächlich hat inzwischen ein Berufungsgericht das Urteil vorläufig aufgehoben. Letztendlich wird der Supreme Court entscheiden.

     

    2. Zur Diskriminierung: wer damit argumentiert, dass zwei Brüder nicht heiraten dürfen, weil sexuelle Kontakte untereinander verboten sind, der übersieht, dass das Inszestgesetz erschaffen wurde, um Erbkrankheiten bei Kindern von Geschwistern zu verhindern. Bekanntlich können aber zwei Brüder keine Kinder bekommen. Und warum gegen eine Ehe zu Dritt und damit gegen Muslime diskriminiert wird, ist überhaupt nicht begründet worden. In der Logik von Herrn Meyer wäre es aber sicherlich okay, wenn der §175 StG (Unzuchtsparagraph) reaktiviert werden würde, um dann damit das Verbot der Homoehe zu begründen.

  • BM
    Bertolt Meyer

    Guten Tag Frau Beckmann,

     

    Natürlich müssen Sie Homosexualität nicht gut finden, das Ihr gutes Recht. Sie müssen aber genau so akzeptieren, dass es (a) Homosexualität gibt und dass (b) andere Menschen das sogar in Ordnung finden. Und was die Homoehe und Ihre kruden Vergleiche mit möglichen Ehen unter Verwandten angeht: Schauen Sie doch mal in das gestrige Urteil des Kalifornischen Gerichtes, das den Verbot der Homoehe in Kalifornien ("Proposition 8") für gesetzeswidrg erklärt hat (http://documents.nytimes.com/us-district-court-decision-perry-v-schwarzenegger?ref=us#document/p56). Dort heisst es sinngemäss auf S. 18:

     

    "Die Ehe ist eine soziale Institution, die eine sozial akzeptierte sexuelle Vereinigung und eine emotionale Beziehung beinhaltet und für den Staat die Basis eines gemeinsamen Haushaltes und privater Unterhaltsverpflichtngen bildet"

     

    Eine Ehe zwischen zwei Partnern gleichen Geschlechtes erfüllt diese Voraussetzunen, weil es kein Gesetz gibt, das sexuelle Kontakte zwischen zwei Personen gleichen Geschlechtes verbietet (das ist mit sozial akzeptiert gemeint: Es ist legal). Ihr Beispiel von den Brüdern, die heiraten wollen, erfüllt diese Voraussetzungen nicht, da es ein Gesetz gibt, das eine sexuelle Verbindung zwischen Geschwistern verbietet (Inzest-Paragraph).

     

    Die Ehe ist ein relationales Konstrukt: Zwei Menschen gehen eine staatlich und gesetzlich sanktionierte Bindung ein (die im übrigen nicht der Zeugung von Kindern dienen muss, sonst dürften zeugungsunfähige Menschen nicht heiraten). Die Frage ist also, ob der Staat eine solche Bindung _ausschiesslich_ aufgrund des Geschlechtes des Partners verweigern darf. Das heisst: Wenn alle rechtlichen Voraussetzungen für eine Ehe (keine Verwandtschaft, erreichtes Mindestalter, Zustimmung beider Partner) erfüllt sind, darf der Staat diese ausschiesslich aufgrund des Geschlechterverhältnisses der beiden (gleich im Gegensatz zu ungleich) verweigern oder diskriminieren? Bei ihren weiteren Beispielen, Frau Beckmann, wäre die Ehe auch nicht legal, wenn es sich um eine weibliche und um eine männliche Person handeln würde, weshalb Sie Äpfel mit Birnen vergleichen.

     

    Der oberste Gerichtshof des US-Bundesstaates Kalifornen hat gestern entschieden, dass der (Amerikanische) Staat dies nicht darf. Und so sehe ich es das auch. Ich hoffe, dass die deutschen Gerichte dies bald auch so sehen werden.

  • HB
    Helga Beckmann

    Wenn es so diskriminierend ist, dass Schwule nicht heiraten können, warum habe ich von den jetzt lautstark Schreienden noch nie gehört, dass es diskriminierend ist, wenn zwei Brüder oder Sohn und Vater nicht heiraten können? Oder warum ist das Verbot der Ehe zu dritt nicht diskriminierend? Ganz einfach: weil nicht alles was theoretisch heiraten kann vom Staat auch abgesegnet werden muss - ohne dass das gleich eine Diskriminierung ist.

     

    Ich kann der taz nur danken, dass sie im Gegensatz zu Leuten wie DiversityAndEquality die Meinungsfreiheit wirklich ernst nimmt. Es ist ganz klar vom Grundgesetz gedeckt, dass man sich gegen die Homoehe in Schrift und Wort äussern kann und dass man Homosexualität nicht gut finden muss. Die wirkliche Gefahr für unsere Demokratie geht nicht von ein paar brutalen, in ihrer Gefährdung für unseren Rechtsstaat aber bedeutungslosen Nazis aus, sondern von Leuten wie DiversityAndEquality. Wenn man den Roman 1984 von George Orwell liest, wird man viele Parallelen zur heutigen Homolobby feststellen: Neusprech einführen, damit nichts gesagt wird, was gegen die offizielle Linie geht. Auf keinen Fall Meinungsfreiheit zulassen. Und wenn sich doch einer gegen die offiziell gültige Meinung äussert, dann wird eine Hasswoche wie gegen den Immanuel Goldstein insziniert. Willkommen 1984!

  • D
    DiversityAndEquality

    Es ist empörend und skandalös, dass die taz diffamierende, entwürdigende und diskriminierende Hassrede gegenüber Homosexuellen, wie von "Wurst" eingestellt, hier allen Ernstes veröffentlicht.

     

    In anderen EU-Ländern gibt es inzwischen Gesetze, die AUCH homosexuelle Menschen vor einer derart widerwärtigen, Diskriminierung und Gewalt befördernden Sprache, derer sich auch die Nazis bedienten, explizit schützt und diese als den Straftatbestand ahndet, den sie darstellt.

     

    Schlimm genug, dass Deutschland das angesichts seiner Geschichte nicht für nötig hält. Dass die taz dabei auch noch kräftig mitmischt und immer wieder menschenverachtende Angriffe auf die Würde von Schwulen und Lesben veröffentlicht, ist aber nicht weniger unerträglich und inakzeptabel.

     

    Rassismus, Faschismus und allgemein gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit sind verdammt nochmal keine "Meinung", sondern ein Verbrechen! Und gehören auch endlich als solche behandelt.

  • O
    ofebre

    @atypixx: vor allem ist die frage (für diesen artikel) gänzlich irrelevant

  • GS
    Gut so

    Die wissen eben in BW wie man Dinge richtig macht...Vorbild für ganz Deutschland !

  • KF
    Klaus F.

    mit der öffnung der ehe für alle heiratswiligen paare könnte man diesen unwürdigen eiertanz endlich beenden. noch besser: ehe für alle, die heiraten wollen und ein kleineres, weniger verbindliches paket ebenfalls für alle, denen das modell der ehe zu eng ist.

     

    vor allem aber: abschaffung aller subventionen für kinderlose ehepaare, stattdessen gleiche förderung aller realen kinder, egal, in welchen beziehungsformen sie aufwachsen!

  • W
    warp

    leider ist die taz was die kommentare der online-leser angeht nicht besser als der restliche blätterwald....

  • T
    topomoos

    @von Wurst

     

    ...tja, und das scheint den gemeinen Hetero-Langweilern und Langweilerinnen sauer aufzustoßen.

  • L
    Leser

    Ach ja der Verwaltungsaufwand. Dieselbe Masche wie bei den Kirchenaustritten. Abschreckung durch Abkassieren.

  • TJ
    Timm Johannes

    Mehr als peinlich und blamabel für Baden-Württemberg, das es als einziges Bundesland in Deutschland keine Zuständigkeit der Standesämter für die Lebenspartnerschaften festlegt. Diese Ausnahme gibt es nur im Südwesten des Landes und sonst nirgendwo in Deutschland. Da kann man/frau sich nur noch wundern, wie verbohrt da einige Regierungspolitiker in Stuttgart sind. Es wird dringend einmal Zeit, das in Stuttgart ein Regierungswechsel erfolgt.

  • A
    atypixx

    Sind das Männer oder Frauen auf dem Bild oder ist diese Fragestellung schon reaktionär und politisch inkorrekt?

  • W
    Wurst

    Schwulsein war schon immer was besonderes. Das wußte auch Erich Kästner:

     

    "Hier tanzen die Jünglinge selbstbewußt

    im Abendkleid und mit Gummibrust

    und sprechen höchsten Diskant.

    Hier haben die Frauen Smokings an

    und reden tief wie der Weihnachtsmann

    und stecken Zigarren in Brand.

     

    Hier stehen die Männer vorm Spiegel stramm

    und schminken sich selig die Haut.

    Hier hat man als Frau keinen Bräutigam.

    Hier hat jede Frau eine Braut.

     

    Hier wurden vor lauter Perversion

    Vereinzelte wieder normal

    Und käme Dante in eigner Person-

    er fräße vor Schreck Veronal.

     

    Hier findet sich kein Schwein zurecht.

    Die Echten sind falsch und die falschen sind echt,

    und alles mischt sich im Topf,

    und Schmerz macht Spaß und Lust zeugt Zorn,

    und oben ist unten und Hinten ist vorn.

    Man greift sich an den Kopf.

     

    Von mir aus schlaft euch selber bei!

    Und schlaft mit Drossel, Fink und Star

    und Brehms gesamter Vogelschar!

    Mir ist es einerlei.

     

    Nur schreit nicht dauernd wie am Speiß,

    was ihr für tolle Kerle wärt!

    Bloß weil ihr hintenrum verkehrt,

    seid ihr noch nicht Genies.

    (Erich Kästner, 1927 )