: Hoffnung für Schuldner
■ Neues Gesetz für 1996 in Arbeit
Berlin (dpa) – Schätzungsweise 1,5 Millionen Haushalte sind in Deutschland überschuldet. Bei größeren Beträgen haben private Schuldner derzeit kaum eine Möglichkeit, aus der Pleite herauszukommen. 30 Jahre sind sie mit nahezu ihrem gesamten Einkommen Gläubigern verpflichtet. Experten tüfteln seit Jahren an einer Reform des Insolvenzrechts. Im nun vorliegenden Entwurf für ein völlig überarbeitetes Gesetz, das frühestens zum 1. Januar nächsten Jahres, wahrscheinlich aber erst zum 1. Januar 1996 in Kraft tritt, sollen Schuldner aus einer lebenslangen Haftung nach sieben jahren befreit werden.
Private Schuldner stehen in der Regel nicht nur bei einem einzigen Gläubiger in der Kreide. Die aufgelaufene Tilgungs- und Zinslast schlägt dann wie eine große Woge über den Schuldner ein. Kredithaie wollen sich über Umschuldungsangebote eine goldene Nase mit Fast- Wucherzinsen verdienen. Die Folge: Einkommen wird verpfändet. Steigt es einmal etwas, schlägt der Gerichtsvollzieher sofort zu. Insolvenzverfahren haben bislang wenig Sinn, haftet ein privater Schuldner doch anders als ein Unternehmen quasi sein Leben lang und kann sich aus der Schuld nicht befreien und neu anfangen.
Im Osten ist der finanzielle und soziale Absturz derzeit noch etwas abgefedert. Ein Schuldner muß nach Abschluß eines Verfahrens nur zahlen, wenn er „über ein angemessenes Einkommen hinaus zu neuem Vermögen gelangt“. Im Westen ist die Vollstreckung durch den Gläubiger bis zu einem pfändungsfreien Gehaltsteil von lediglich 1.209 DM zugelassen.
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