Hoffenheim besiegt Nürnberg: Pelle, der Eroberer
Die TSG Hoffenheim schickt sich an, erneut eine formidable Hinrunde zu spielen, was sie mit einem Pokalsieg in Nürnberg unterstreicht.
NÜRNBERG taz | Als "Pelle" nach dem 1:0-Sieg in Nürnberg die Kabine betrat, gab es "tosenden Applaus von allen Mannschaftskameraden." Das berichtete Trainer Ralf Rangnick.
Per "Pelle" Nilsson mag nicht der bekannteste Spieler der TSG Hoffenheim sein, aber der schwedische Abwehrmann ist nachweislich ihr Mannschaftskapitän. Dem Vernehmen nach ist er im Team sogar so beliebt, dass er mit großem Abstand in das verantwortungsvolle Amt gewählt wurde. Dass er derart freudig von seinen Mannschaftskollegen begrüßt wurde, lag jedoch nicht so sehr an der Beliebtheit des Schweden, auch nicht an dem Umstand, dass er das einzige Tor des Tages erzielt hatte (35. Minute). Vielmehr hatte er in den bislang sechs Ligaspielen nicht eine Minute Einsatzzeit bekommen - und das klaglos hingenommen. Die Ovationen waren deshalb wohl vor allem als Aufmunterung für einen Spieler zu verstehen, der seit der Verpflichtung von Joe Simunic nur noch zweite Wahl ist: "Vor Pelle kann man nur den Hut ziehen", sagte der ebenfalls neu in die Mannschaft gekommene Christian Eichner, "für ihn war es noch schlimmer nicht zu spielen als für mich. Aber wer dran bleibt, wird belohnt."
Hoffenheim hatte gegenüber dem letzten Bundesligaspiel auf vier Positionen gewechselt, was nicht nur Nilsson und Eichner, sondern auch Isaac Vorsah und Maicosuel (für die schonungsbedürftigen Sejad Salihovic und Vedad Ibisevic) in die Mannschaft gespült hatte.
Doch die Änderungen hemmten weder Spielfluss, Kreativität noch Tempo des Hoffenheimer Spiels. Besonders in den zwanzig Minuten vor und nach der Halbzeit spielten die Gäste so schönen Fußball, dass nicht nur Nürnbergs Trainer Michael Oenning den Hut vor einer Mannschaft zog, die er "neben den Bayern zu einer der spielstärksten in der Liga" kürte.
Andreas Beck legte auf der auf der rechten Abwehrseite defensiv wie offensiv eine brillante Partie hin, vorne spielten Maicosuel, Obasi und vor allem Carlos Eduardo auf eine Art und Weise Fußball, wie man sie hierzulande nicht sehr oft sieht.
Dabei spielte der 1. FC Nürnberg, der nach dem Pokalsieg von 2007 nun im dritten Jahr hintereinander in der zweiten Runde ausgeschieden ist, alles anderes als schwach. Auch Oenning hatte auf vier Positionen rochiert und präsentierte ein Team, das so offensivfreudig auftrat, wie er das vor der Partie angekündigt hatte. Engagiert präsentierte sich die erneut sehr junge Mannschaft, laufstark, mit einigen gelungenen Spielzügen und ein paar Torszenen. "Ich bin nicht unzufrieden", sagte Oenning, "das war im Rahmen dessen, was wir können." Was der Club mit der jungen Mannschaft kann, scheint allemal gut genug, um der Konkurrenz aus dem unteren Tabellendrittel auf Augenhöhe zu begegnen. Aber eben nicht gut genug für eine Hoffenheimer Mannschaft, die sich derzeit anschickt, die zweite brillante Vorrunde ihrer zweijährigen Bundesligageschichte zu schreiben.
Dass man aus dem Leistungsabfall in der Rückrunde die richtigen Lehren gezogen hat, betonten die TSG-Offiziellen nach dem Spiel. Und tatsächlich kann man das Nürnberg-Spiel als Beweis dafür sehen, dass in dieser Spielzeit auch mehrere Stammspieler ausfallen können, ohne dass das Außenstehenden sofort auffallen würde.
Am Dienstagabend konnte sich die TSG sogar den Luxus erlauben, vor allem in der stärksten Phase nach Wiederanpfiff immer wieder beste Torchancen auszulassen. Vor allem Ba stellte sich einige Male recht tölpelhaft beim Versuch an, leichte Torchancen möglichst kompliziert zu vergeben; das Kopfballspiel ist eh nicht seine Sache. Ganz anders Pelle Nilsson, der den Treffer des Tages auf denkbar schnörkellose Art und Weise markierte. Eckball Eduardo, Kopfball Nilsson, Tor. "Wir hätten auch drei oder vier zu null gewinnen können", sagte Pelle schelmisch grinsend, als er vor die Journalisten trat, "aber so ist das viel besser, schließlich schießt man nicht alle Tage das entscheidende Tor."
Beim 1. FC Nürnberg fing bereits am Dienstagabend die mentale Vorbereitung auf das Bundesligaspiel gegen den VfL Bochum an. "Das wird eine ganz andere Partie", sagte Coach Oenning. Und meinte wohl: eine lösbare. Ganz anders als das Spiel gegen Hoffenheim.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs