Höhere Strom- und Gaspreise: Gabriel rät zum Versorgerwechsel
Eon und RWE erhöhen Preise um bis zu 10 Prozent. Gabriel und Verbraucherschützer empört - sie raten zum Wechsel. Eon hält die Preise hoch und macht sich selbst mit Billiganbieter Konkurrenz.
DÜSSELDORF/BERLIN ap/rtr/taz Strom und Gas werden für Millionen Verbraucher zum Jahreswechsel deutlich teurer. Die beiden größten deutschen Energieversorger Eon und RWE planen zum 1. Januar Preiserhöhungen von bis zu 10 Prozent bei Strom. Gas soll für Kunden von Marktführer Eon um bis zu 8,8 Prozent teurer werden. Die Konzerne begründeten die angekündigten Preissteigerungen am Montag mit den erhöhten Beschaffungskosten und den Ausgaben für erneuerbare Energien.
Bei Verbraucherschützern stieß die neue Preisrunde auf scharfe Kritik. Der Vorsitzende des Bundesverbandes der Energieverbraucher Aribert Peters sagte: "Wir halten das für eine Kriegserklärung an den Verbraucher und an den Staat." Die Erhöhung bedeute für die betroffenen Haushalte eine Mehrbelastung von bis zu 100 Euro im Jahr.
Der Energiekonzern E.ON weist die Kritik zurück: Der wahre Preistreiber beim Strom sei der Staat, sagte E.ON-Chef Wulf Bernotat am Montagabend vor der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung in Düsseldorf. "Der Preisanstieg für Haushaltskunden seit 1998, dem Beginn der Liberalisierung, geht voll auf seine Kosten." Der Staat habe seit damals seine Steuern und Abgaben um 93 Prozent erhöht. Ohne diese Steigerung wäre Strom heute vier Prozent billiger als 1998, kritisierte Bernotat.
Das sieht die Politik freilich anders. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel weist die Begründung der Stromkonzerne als Unsinn zurück: Die staatlichen Abgaben für erneuerbare Energien seien nicht erhöht worden und machten nur vier Prozent an den Gesamtkosten aus. Dagegen betrügen die von den Stromkonzernen kassierten Netznutzungsentgelte 30 bis 40 Prozent.
Auch Gabriel rät Verbrauchern, einen Wechsel ihres Versorgers zu prüfen. "Man kann auch den Anbieter wechseln", sagte der SPD-Politiker der Frankfurter Rundschau.
Die nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerin Christa Thoben kündigte eine kartellrechtliche Überprüfung der Preiserhöhungen an. Der Energieexperte des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen, Holger Krawinkel, rief die Stromkunden auf, verstärkt von der Möglichkeit zum Wechsel des Anbieters Gebrauch zu machen, "damit in den Konzernzentralen klar wird: Diese Preise sind am Markt nicht durchsetzbar".
Eon hatte die Energiepreisdiskussion mit der Ankündigung angefacht, zum Jahreswechsel die Preise für seine 7,5 Millionen Strom- und 1,3 Millionen Gaskunden bundesweit kräftig zu erhöhen. Die Strompreise der sieben Eon-Regionalversorger sollen zum 1.Januar in der Grundversorgung um 7,1 Prozent (Eon Hanse) bis 9,9 Prozent (Eon Bayern) steigen. Gas verteuert sich für die Eon-Kunden je nach Region um 3,4 Prozent (Eon Thüringer Energie) bis 8,8 Prozent (Eon Westfalen Weser). Für einen durchschnittlichen Haushalt bedeute dies einen Anstieg der monatlichen Stromkosten um bis zu 5,80 Euro und einen Anstieg der Ausgaben für Gas um bis zu 11,40 Euro im Monat, betonte der Konzern.
Der Marktführer steht mit seinen Preiserhöhungen nicht allein. Zuvor hatte bereits Konkurrent RWE zum Jahreswechsel Strompreiserhöhungen von durchschnittlich 6,6 Prozent bei seinen Regionalversorgern RWE Westfalen-Weser-Ems und RWE Rhein-Ruhr angekündigt. Die RWE-Töchter Süwag und Lechwerke AG wollen die Preise um 9 Prozent erhöhen.
Die Konkurrenten Vattenfall und EnBW erklärten, dass sie zurzeit keine Preiserhöhungen planten. Vattenfall hatte aber zum 1. Juli die Tarife angehoben. Eine EnBW-Sprecherin sagte, das Unternehmen habe stabile Strompreise bis zum 31. März kommenden Jahres garantiert.
Während die Regionalgesellschaften von E.ON nach Angaben des Konzerns seit Jahresbeginn über 60.000 Kunden verloren haben, verzeichnet der eigene Internetanbieter "E wie einfach" Bernotat zufolge starken Zuwachs. Seit dem Start der Tochter im Februar habe diese rund 100.000 Strom- und fast 70.000 Gaskunden gewonnen. Dass der Anbieter auch den eigenen Regionalversorgern zunehmend Konkurrenz macht, sieht Bernotat offenbar gelassen. "Wir haben einen Wettbewerb im Markt, und ich glaube, das sollte jeder Verbraucher begrüßen", sagte er. E.ON beobachte die zunehmende Wechselbereitschaft der Verbraucher. Der Konzern analysiere, ob diese zu den klassischen eigenen Anbietern, "E wie einfach" oder zur Konkurrenz gingen. "Und danach werden wir unsere Preispolitik ausrichten."
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