■ Hochwasser in Berlin: Der Pegel steigt
Vier Jahre ist es nun her, daß die Berliner den Bonnern den Rang abgelaufen haben, aber noch immer stehen die Rheinländer (wenn auch mit Gummistiefeln) in den Schlagzeilen und die Berliner im Trockenen. Derart auf der Stelle zu treten war man an der Panke nicht vorbereitet. Die Nerven liegen blank. Während man am Deutschen Eck mannhaft der Flut widersteht, überschwemmt man die Berliner mit Dementis und Trockenübungen. „Wasser-Katastrophe: Warum sie in Berlin unmöglich ist“, versichert die Morgenpost, und die Bingo-BZ versucht sich gar in Ironie: „Macht Euch nicht naß, liebe Bonner. Kommt nach Berlin!“ Doch die Bonner wehren sich tapfer, vom Regen in die Traufe zu kommen. Ein Hilfskonvoi mit Sandsäcken aus der Hauptstadt wurde gestern bereits vom Pförtner des Kanzleramts gestoppt. Und der Kanzler ließ den wasserscheuen Diepgen wissen, daß ein Bad in der Menge mitunter Wunder wirke. Zwar dementierte die Senatskanzlei umgehend und verwies darauf, daß ein solches Bad in Berlin allein schon wegen des ungeraden Wasserlaufs am Spreebogen nicht zu befürchten sei. Doch dem Kanzler ist vor allem der steigende Pegel im Roten Rathaus nicht geheuer. Immerhin, erinnerte Kohl, habe nicht einmal das IOC Diepgens Versprechungen geglaubt, daß bis zum Jahr 2000 an der Panke weder ein Anschlag der RAF noch ein Erdbeben und schon gar keine Überschwemmung zu befürchten sei. Dabei wisse in Bonn jeder, daß in Berlin nicht nur die Kreuzberger randalieren, sondern sogar ein kleiner Platzregen genügt, um die Bestände des Märkischen Museums zu fluten. Und erst kürzlich hätten Seismographen vor einer Verschiebung der Erdkruste samt mittlerem Beben gewarnt, falls beim Abriß des Palasts der Republik die fundamentale Betonwanne zu Bruch gehen sollte. Uwe Rada
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