: Hochtief geht baden
Der Essener Bauriese darf den Jade-Weser-Port nicht bauen. Der erste Rammschlag droht sich weiter zu verzögern, die Fertigstellung 2010 ist in Gefahr. Wirtschaftsminister Hirche sei für den Zeitverlust verantwortlich, sagt die Opposition
Der Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven ist ein Gemeinschaftsprojekt der Länder Niedersachsen und Bremen. Der Jade-Weser-Port soll etwas mehr als eine Milliarde Euro kosten. Davon entfallen auf die in der Jade-Weser-Port Realisierungsgesellschaft zusammengeschlossenen Länder Infrastrukturkosten in Höhe von rund 600 Millionen Euro. Ursprünglich sollte schon 2005 mit dem Bau begonnen werden, inzwischen ist das Frühjahr 2008 wahrscheinlich An dem etwa 1,7 Kilometer langen Kaianlagen sollen frühestens ab 2010 bis zu vier Riesen-Containerschiffe gelöscht werden. Dann schließt Wilhelmshaven zu Antwerpen oder Rotterdam auf, wo ebenfalls Pötte mit einem Tiefgang von bis zu 16,5 Metern anlegen können. Rund 1.000 Arbeitsplätze sollen rund um das Projekt entstehen. Betreiber des künftigen Terminals ist die Eurogate-Gruppe (Bremen/Hamburg). Sie will 350 Millionen Euro investieren. TAZ
AUS CELLE UND HANNOVER KAI SCHÖNEBERG
Es war ein schwarzer Tag für die Macher des größten Infrastrukturprojekts in Norddeutschland. Kaum zwei Minuten dauerte die Urteilsverkündung des Vorsitzenden des Vergabesenats am Celler Oberlandesgericht (OLG), Thomas Knoke. Es folgten bestürzte Mienen bei den Unterlegenen: Soeben hatte ein Konsortium um den Essener Baukonzern Hochtief den Zuschlag für das erste Baulos des Jade-Weser-Ports verloren. Wert: satte 480 Millionen Euro. Das Urteil ist rechtskräftig.
Gleichzeitig geraten Baubeginn und die geplante Fertigstellung des Jade-Weser-Ports in Gefahr. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg wird bei weiteren Verfahren über zwei Eilanträge gegen den Baubeginn des Tiefwasserhafens offenbar nicht mehr in diesem Jahr entscheiden. Keine Zeit, sagte ein Gerichtssprecher. Und so konnte sich Niedersachsens Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP) am Mittwoch nicht mehr sicher sein, dass noch vor der Landtagswahl im Januar die Bagger in Wilhelmshaven anrollen werden. „Ich freue mich, dass die Hängepartie vorbei ist“, versuchte Hirche den Richterspruch aus Celle ins Positive zu wenden. Allerdings könnte das OVG-Verfahren Verzögerungen bedeuten: „Vor Gericht und auf hoher See bist du in Gottes Hand“, sagte Hirche.
Bislang hatte er sich beim ersten Rammschlag für den Superhafen als Retter der siechen Region um Wilhelmshaven feiern lassen wollen. Gleichzeitig bestätigte der Wirtschaftsminister, dass möglicherweise zeitgebundene EU-Fördergelder in Höhe von 50 Millionen Euro nicht nach Wilhelmshaven fließen könnten.
Man werde „Gespräche mit der EU führen“, damit die Mittel nicht verloren gingen, sagte Hirche. Auch die Inbetriebnahme des eine Milliarde Euro teuren Hafens für Containerschiffe mit hohem Tiefgang in drei Jahren gerät in Gefahr: „2010 kommt unter Druck, gar keine Frage“, sagte der geschockt wirkende Chef der Jadeweserport Realisierungsgesellschaft (JWP), Helmut Werner, nach der Urteilsverkündung in Celle.
Nach dem Celler Spruch bekommt nun die Bietergruppe um das mittelständische Papenburger Bauunternehmen Bunte den Zuschlag. Das Urteil bedeute, dass „jetzt mit Bunte gebaut wird“, sagte Hirche.
Bislang hatten sich Niedersachsen, aber vor allem Bremen, die in der JWP beteiligt sind, vehement für Hochtief eingesetzt. Der Konzern hatte in Bremerhaven bereits einen Containerterminal gebaut. Ende April dieses Jahres hatte Hochtief den Zuschlag für das Mega-Baulos von der JWP bekommen, unter Beifall der Landesregierungen in Bremen und Niedersachsen. Kritiker sahen damals schon Vetternwirtschaft zu Gunsten der Baulöwen aus Essen. Die unterlegenen Papenburger, die sogar ein um 50 Millionen Euro günstigeres Angebot vorgelegt hatten, gingen gerichtlich gegen den Zuschlag für Hochtief vor.
Der Richterspruch gab ihnen recht: Der Konkurs einer Baufirma aus dem Bunte-Konsortium führe nicht zum Ausschluss der Papenburger aus dem Bieterverfahren. Vielmehr entschied das OLG, dass Hochtief aus der Auftragsvergabe „zwingend“ auszuschließen sei. Erst nach dem Ende des Bieterverfahrens habe Hochtief den so genannten „Polderschluss“ in sein Angebot aufgenommen. Dabei geht es um einen Verbindungsdamm, der die Kaimauern im Jadebusen vom Meer abtrennt, damit die Tide mehrere Millionen Kubikmeter für den Hafen aufgespülten Sand nicht wieder ins Meer spült. Erst nachträglich habe Hochtief den Polder per Angebot mit einer oberirdischen Mauer schließen wollen. Vergaberechtlich zu spät, urteilte das Gericht. Bunte jubelte und erwartete nun kurzfristig eine Auftragserteilung.
Auch die Opposition freute sich: Endlich habe das Gericht „das seit Monaten anhaltende Chaos bei der Vergabe der Bauaufträge“ beendet, sagte SPD-Fraktionschef Wolfgang Jüttner. Hirche sei für den Zeitverlust, eventuelle Mehrkosten und die Folgen für die Region persönlich verantwortlich, da es keine klare Strategie des Wirtschaftsministeriums in der JWP gegeben habe.
„Missmanagement“ ist für Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel Hirches „Markenzeichen“. Die verpatzte Auftragsvergabe sei ein erneuter Beleg dafür, dass der FDP-Mann „weder sein Amt, noch sein Ministerium im Griff hat“. Die Grünen wollen die Vorgänge um den Jade-Weser-Port in der kommenden Woche zum Thema im Landesparlament machen.