: Hochschule zwischen Kultur und Hellersdorf
■ Fachhochschule für Sozialarbeit will auf den Pfefferberg, um damit Kulturprojekt finanziell zu sichern / Senat hält an Umzugsbeschluß nach Hellersdorf fest
Für die Einheit von Theorie und Praxis wird derzeit in Prenzlauer Berg gestritten. Der Verein Pfefferwerk und die Alice Salomon Fachhochschule für Sozialarbeit (ASFH) setzen sich gemeinsam für einen Umzug der Hochschule auf den Pfefferberg ein. Damit wäre nicht nur eine langfristige Sicherung des von den Pfefferwerkern betriebenen soziokulturellen Zentrums zwischen Schönhauser Allee und Christinenstraße gesichert, sondern auch der langjährige Streit um den neuen Standort der Fachhochschule beendet. Bislang hängt das Pfefferberg-Projekt in der Luft. Zwar hat sich der Senat für ein soziokulturelles Zentrum ausgesprochen, sieht sich aber nicht in der Lage, die dafür erforderlichen 30 bis 40 Millionen Mark aufzubringen. Ein Umzug der ASFH auf den Pfefferberg, so steht es nun in einem Gutachten des Präsidenten der Berliner Architektenkammer, Cornelius Hertling, würde 29 Millionen Mark kosten. Ein Großteil des Geländes wäre damit saniert, die Restkosten für den Teil, den die Pfefferwerker selbst nutzen wollen, schätzt der Geschäftsführer des Vereins auf 10 bis 12 Millionen, von denen gut ein Drittel aus EU-Fördermitteln finanziert werden könnten.
Weit einheitlicher als Theorie und Praxis ist freilich die Politik des Senats. Seit 1992 ist nämlich entschieden, daß die ASFH in das neu zu bauende „Stadtteilzentrum“ nach Hellersdorf soll. Zwar kommt den Senat der Umzug an den Stadtrand teurer als die nun vorgeschlagene Pfefferberg-Lösung, für den Sprecher des Finanzsenators, Fugger, freilich kein Grund umzudenken: „Der Umzug nach Hellersdorf ist eine stadtpolitische Entscheidung.“ Für die Hellersdorfer ist die ASFH sogar noch mehr. Die Fachhochschule ist das einzige Projekt, das von den ambitionierten Plänen eines „Stadtteilzentrums“ samt „Spanischem Platz“ übriggeblieben ist, sagt der bündnisgrüne BVV-Abgeordnete Vedor Pfistner.
Von Urbanität nördlich des U-Bahnhofs Hellersdorf kann tatsächlich nicht mehr die Rede sein. Der Rathausneubau gerät zur bloßen Fassade, weil die Bezirksverwaltung nun doch anderweitig untergebracht wird, und Hertie zog seine Kaufhauspläne inzwischen zurück. „Das ist natürlich keine optimiale Infrastruktur für eine Fachhochschule“, räumt BVV- Mann Pfistner ein, aber ohne die Fachhochschule stünde Hellersdorf völlig leer da.
Ganz andere Sorgen machen sich dagegen die Hochschüler und Dozenten der ASFH. Eigentlich wollten sie überhaupt nicht in den Osten und nach Hellersdorf auf gar keinen Fall. Für manch Bündnisgrünen sind die „Motzkis“ bei den Sozialpädagogen denn auch Anlaß, solche Befindlichkeiten nicht weiter ernst zu nehmen. Einen Antrag auf Änderung des Umzugsbeschlusses, erklärte die Bündnis-90-Abgeordnete Brigitte Engler, werde ihre Fraktion im Parlament nicht einbringen.
Dem Senat ist es ohnehin gleich. Für Finanzsprecher Fugger „ist das alles ohnehin vergebliche Liebesmüh“. Und er ist sich mit Bausenator Nagel einig: „Kein Anlaß, die Standortentscheidung in Frage zu stellen.“ Uwe Rada
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