Hochschule und Unternehmen kooperieren: Mehr Durchblick wäre möglich
Welche Unternehmen mit welchen Hochschulen zusammenarbeiten ist undurchsichtig. Die Bundesregierung will das lieber im Dunkeln lassen. Transparenz? Fehlanzeige.
BERLIN taz | Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. Dieser Maxime folgend sieht die Bundesregierung derzeit keinen Bedarf, Licht in den Dschungel der Kooperationen zwischen Unternehmen und Hochschulen zu bringen. Dies geht aus Antworten auf separate Anfragen von Linkspartei und SPD hervor, die der taz vorliegen.
Die Bundesregierung sieht eine generelle Pflicht zur Veröffentlichung von Kooperationsverträgen demnach "als nicht zielführend und rechtlich bedenklich" an, heißt es etwa in der Antwort an den SPD-Abgeordneten Swen Schulz.
Ähnlich fällt auch die Antwort auf die Anfrage der Linkspartei aus. Die Fraktion hatte sich in ihrer Anfrage konkret auf die Medienberichte über Verquickungen von Deutscher Bank und zwei Berliner Universitäten bezogen, welche Ende Mai für Empörung sorgten. Die Bank hatte sich per Vertrag weitreichende Mitsprachemöglichkeiten in den Hochschulen gesichert, unter anderem bei der Berufung von ProfessorInnen und der Veröffentlichung von Forschungsergebnissen. Zudem hatten die Unis eingewilligt, dass die Bank Werbematerialien über die Hauspost verteilen dürfe. Die Koooperation lief Ende Juni aus.
Juristen halten eine Veröffentlichungspflicht für nicht durchsetzbar
Solche Abkommen sind nach Ansicht des CDU-geführten Ministeriums kein Problem, im Gegenteil: "Der Abschluss und die konkrete Ausgestaltung von Kooperationsverträgen ist Ausdruck einer autonomen Entscheidung der Hochschulen im Rahmen des ihnen zustehenden Selbstverwaltungsrechts", so die Antwort des Wissenschaftsministeriums. Die hochschulpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Nicole Gohlke, hälte diese Haltung für "nicht akzeptabel". "Die Bundesregierung schützt lieber Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse als die Freiheit der Wissenschaft", so Gohlke zur taz.
Eine Pflicht, Kooperationsverträgen uneingeschränkt offenzulegen, halten Juristen jedoch für nicht durchsetzbar, wie eine Analyse der wissenschaftlichen Dienste des Bundestages zeigt, die der SPD-Abgeordnete Schulz angefordert hat. Dennoch sähen sie gewisse Spielräume, berichtet Schulz. So spräche nichts dagegen eine Liste zu veröffentlichen, welche Kooperationen existierten und in welchem Umfang.
Eine solche existiert bisher nicht. "Es gibt aber ein öffentliches Interesse an den Verträgen zwischen Hochschulen und Privaten", sagt Schulz der taz. Er will deshalb mit seiner Fraktion beratschlagen, wie der politische Druck auf die Regierung erhöht werden könne. Auch die Linke würde sich einer parlamentarischen Initiative anschließen, meint Gohlke. "Die Allgemeinheit und die Hochschulöffentlichkeit müssen ihre Kontrollfunktion wahrnehmen können".
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