Hinschauen-Festival in Berlin: Kunst gegen das Wegsehen

In Berlin gibt es ein Kul­tur­fes­ti­val zu Woh­nungs­lo­sig­keit. Erzählt wird die Geschichte von Betroffenen und engagierten Personen durch Kunst.

Der Name ist Programm bei dem Hinschauen-Festival Foto: Martin Heesch

Die Bilder auf dem Caligari-Platz zeigen Menschen, sie halten Pappschilder in den Händen, auf denen ihre Wünsche geschrieben stehen – Wünsche nach Gesundheit, einer Wohnung oder Glück. Es sind Portraits von wohnungslosen Menschen, die hier auf dem kleinen Open-Air-Festival „Hinschauen“ ausgestellt werden. Auf zwei Bildern werden Menschen gezeigt, die auf der Straße gestorben sind. Die An­woh­ne­r:in­nen kannten sie gut, und die Menschen noch mal mit ihrer Geschichte und Gesichtern hier zu sehen lässt viele innehalten.

Die Wirkung der Bilder verstärkt sich durch die Stimmen von Betroffenen und engagierten Menschen, die die Be­su­che­r:in­nen durch schwarze Kopfhörer anhören können. Eine Frau erzählt, wie ein obdachloser Mensch eine Treppe hinuntergestürzt ist und blutend liegen blieb, während die Menschen einfach über ihn hinwegstiegen, als wäre nichts passiert. Ein Großteil der Geschichten erzählen von Gewalt und Entmenschlichung gegenüber obdachlosen Menschen.

Mitten auf dem Platz hängt ein weißes Transparent mit der roten Aufschrift „Hinschauen“. Es zeigt den Namen und das zentrale Anliegen dieses Festivals, welches sich mit Obdach- und Wohnungslosigkeit auseinandersetzt. Das Festival findet bis zum 1. September auf dem Caligari-Platz und zwischen dem 4. und 8. September vor dem Bahnhof Lichtenberg statt. Die Veranstaltung ist für alle frei zugänglich.

Immer beobachtet, aber nicht gesehen

BERLIN taz | Nachdem die von einem Straßenkünstler gespielte Klaviermusik leiser wird, tritt der Organisator Martin Heesch auf die Bühne. Er hebt hervor, wie obdachlose Menschen ständig beobachtet werden, doch niemand wirklich hinsieht. Das soll bei diesem Festival anders sein. Kurz darauf folgt Katrin Schmidberger, Mitglied der Grünenfraktion im Abgeordnetenhaus. In ihrer Rede betont sie, dass Wohnungslosigkeit eine der drängendsten sozialen Fragen unserer Zeit ist, und kritisiert das „Totalversagen der Politik“, wobei sie auch ihre Partei dazuzählt.

Im weiteren Programm tritt ein Mann auf, der immer wieder akut von Wohnungslosigkeit bedroht ist. Sichtlich aufgeregt betritt er die Bühne, um zum ersten Mal vor fremden Menschen ganz alleine zu singen – und zwar a-cappella. Doch nach der ersten Strophe von „Sweet Caroline“ ist seine Aufregung verflogen, er wirkt selbstbewusst. Er erzählt, dass er gerne eine Gruppe von A-cappella-Sängern gründen würde, um mehrstimmige Lieder singen zu können. Er freut sich schon riesig auf die Theateraufführung der Män­tel­Gäng.

Die Spie­le­r*in­nen der MäntelGäng kommen aus dem Umfeld von „Straßenkinder e.V.“ und dem Verein „Unter Druck – Kultur von der Straße“ und führen eine Performance mit dem Namen Haltetstelle auf, wo es um Annäherungen und Konflikte von Menschen geht, die auf dem ersten Blick nicht miteinander verbunden sind. Die Aufführung findet am Sonntag auf dem Caligariplatz statt.

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