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Hindernisse bei Birma-HilfeMilitär greift Hilfskonvoi an

Bewaffnete Militärs sollen Lastwagen mit Hilfsgütern angegriffen haben. Menschenrechtsorganisationen warnen davor, der Militärjunta die Verteilung von Lebensmitteln zu überlassen.

Noch immer kommt die Hilfe für Bedürftige erst schleppend in Gang. Bild: dpa

BANGKOK taz Birmas Militärjunta lässt weiterhin nur begrenzt ausländische Hilfe ins Land. Wenig ermutigend klang, was Thailands Premier Samak Sundaravej nach einem Vermittlungsversuch am Donnerstag zu berichten hatte. Selbst er, dem ein Schmusekurs mit den Generälen nachgesagt wird, hatte nichts erreicht: "Sie bekräftigen, dass sie keine ausländische Hilfe brauchen." Das als paranoid geltende Regime fürchtet sich offensichtlich vor einer enormen ausländischen Präsenz: "Sie sorgen sich darum, sie könnten die Kontrolle verlieren", so Khin Ohmar von der Exilvereinigung "Forum für Demokratie in Birma" zur taz.

Ob andere Diplomaten Erfolg haben werden, ist äußerst fraglich. Der UN-Untergeneralsekretär für humanitäre Angelegenheiten, John Holmes, soll auf Geheiß von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon nach Birma reisen, und auch EU-Entwicklungskommissar Louis Michel bemüht sich, die Junta zur Einsicht zu bewegen. Michel, der sich in Rangun aufhält, habe die Militärherrscher aufgefordert, "sowohl Hilfe als auch internationale Helfer ins Land zu lassen", so ein Sprecher. Birmas Sozialminister Maung Maung Swe hielt sich jedoch bedeckt. Er habe dem EU-Kommissar lediglich zugesichert, die Behörden wollten diesen Wunsch "prüfen".

Nach Schätzungen internationaler Beobachter brauchen mittlerweile bis zu 2,5 Millionen Menschen in Birma dringend Nahrung, Medikamente und Notunterkünfte. Zwar landen auf dem Flughafen der ehemaligen Hauptstadt Rangun immer mehr Flugzeuge mit Hilfsgütern. Doch damit allein ist es nicht getan. Das Problem ist die Logistik und die Gewährleistung, dass die Hilfe auch wirklich bei den Betroffenen ankommt.

In Birma ergibt sich in dieser Hinsicht ein sehr unterschiedliches Bild. Ein Teil der Organisationen klagt über massive Behinderungen und nur eingeschränkten Zugang zu dem am schwersten verwüsteten Gebiet im Irrawaddy-Delta. Nur allmählich dringe die Hilfe in die abgelegenen Gebiete vor. Jene Organisationen, die seit Jahren im Land präsent sind und mit lokalen Partnerbüros arbeiten, versichern, dass ihre einheimischen Mitarbeiter die Hilfsgüter verteilten und die Unterstützung auch tatsächlich den Sturmopfern zugutekomme.

Menschenrechtsorganisationen haben davor gewarnt, Auslieferungen von Hilfsgütern allein Birmas Militär zu überlassen: "Diese Hilfe wird diejenigen, die sie am meisten brauchen, garantiert nicht erreichen", so Brad Adams, Asien-Direktor von Human Rights Watch. Fernsehbilder von CNN hätten gezeigt, wie ein US-Flugzeug offenbar von Mitgliedern der Union Solidarity Development Association entladen worden sei. Diese wird für zahlreiche Menschenrechtsverletzungen verantwortlich gemacht. Gemeinsam mit der Miliz Swan-Ar-Shin, einer ebenfalls regierungstreuen Gruppierung, hatte die USDA die Teilnehmer der friedlichen Demokratiebewegung vom September 2007 festgenommen und schikaniert.

Konkrete Beispiele schildert auch die Aktivistin Nang Charm Tong vom Shan Womens Action Network: "Am 8. Mai wurden an der chinesisch-birmesischen Grenze Lastwagen mit Hilfsgütern von der Armee gestoppt", berichtete sie der taz. "Der für den Nordosten zuständige Kommandeur hatte gesagt, er konfisziere diese Güter, um sie den Sturmopfern zukommen zu lassen." Am selben Tag, berichteten Augenzeugen, hätten bewaffnete Mitglieder der berüchtigten Swan-Ar-Shin einen Konvoi mit Hilfsgütern angegriffen. Lokale Autoritäten seien zudem dabei beobachtet worden, wie sie Dachdeckermaterialien an Notleidende verkauft hatten, anstatt sie ihnen einfach zu überlassen. Zudem würden Sturmopfer aus Klöstern, in denen ihnen Mönche Zuflucht gewährt hätten, von Soldaten vertrieben.

Nicht zuletzt deswegen mehren sich die Appelle an die Vereinten Nationen einzugreifen. Nang Charm Tong: "Bisher sieht es so aus, als ob die UN in einem Boot mit den Bewohnern Birmas sitzen - blockiert von den Militärs und gezwungen, den Restriktionen des Regimes zu folgen."

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3 Kommentare

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  • KW
    Kassandra Wahrlich

    Der Bock macht sich mal wieder zum Gärtner von Kassandra Wahrlich

     

    Was maßen „wir“ uns eigentlich an?

    Ein Land erlebt eine sog. Naturkatastrophe, die u.a. deshalb so stark ausgefallen ist, weil im ehemaligen Birma, jetzt Myanmar, die das Land vor übermäßigen Winden schützenden Mangroven-Wälder abgeholzt wurden. Wer hat diesem Land die Bäumchen abgekauft? Ich vermute mal, wesentlich auch der Westen. Vielleicht aber auch China und Russland, die vor einiger Zeit bei einer auf Myanmar bezogenen Menschenrechtsresolution ihr Veto eingelegt haben und starke Handelspartner von Myanmar (Birma) sein sollen.

    In den Medien erfahre ich, dass der Staat die ungebeten herbeigeeilten Hilfsorganisationen nicht unterstütze. Dieser Staat hatte vor der Militärdiktatur viele Jahre lang die Kolonialisierung erleben dürfen und nach deren Ende als erstes mal sämtliche Missionare aus dem Land geworfen. Vermutlich weil die Menschen die anmaßende Überfremdung satt hatten und wieder zu sich und ihrer Kultur kommen wollten. Ob der Weg einer sog. Militärdiktatur der sinnvolle war, kann ich von außen nicht beurteilen. In der Psychologie gibt es den Terminus ‚Identifikation mit dem Aggressor’, der populärwissenschaftlich schon mal als ‚Stockholm-Syndrom’ bezeichnet wird. Demzufolge hätte sich die Bevölkerung bzw. ihre damalig einsetzende Regierung nur das fortgelebt, was ihm via Kolonialisierung vorgelebt worden war. Jahrzehntelang vorgelebte Haltungen vererben sich nun einmal, das wissen wir doch.

    Nun kann man sich fragen, warum Myanmar (Birma) die fremde Hilfe nicht annehmen mag.

    Wer ist dort der Boss? Myanmar! Hilfsorganisationen können in jedem Land „nur“ Gäste sein und müssten sich als solche benehmen/ verhalten bzw. von vornherein eine entsprechend demutsvolle Haltung einnehmen. Interkulturelle Kompetenz ist gefragt und der Respekt vor einer (sicher nicht perfekten) buddhistischen Lebensweise. Das hätte geheißen: Über unsere Botschaften dort nachfragen, ob und welche Hilfe wann genehm ist. Und ein Nein erst einmal akzeptieren. Die dortige Bevölkerung hat dort eine durchschnittliche Lebenserwartung von ca. 57 Jahren. Das hat uns vorher auch nicht gekratzt.

    Was würde geschehen, wenn Deutschland von einer solchen Katastrophe heimgesucht würde und andere Länder uns auf ihre Art und Weise heimsuchten. Wenn die HelferInnen z. B. Bush jr. oder Muslime oder Eskimos wären. Die Bundesregierung würde sich zu recht vorbehalten, die Zügel in der Hand zu behalten. Nun die Bundesregierung sei eine demokratisch gewählte Regierung! Hm, was ist mit China, wie liefen/ laufen in Russland oder gar in den USA Präsidentschaftswahlen ab, wie wird in Deutschland mit Schwachen umgegangen? Warum z. B. erhalten alleinerziehende Hartz-IV-Mütter oder -Väter keine Waschmaschine zugestanden, warum landen Babys kurz nach ihrer Geburt in Müllcontainern, Blumenkästen und Gefriertruhen. Und warum belangt man hierfür nur die Mütter?

    Nun gut, Myanmar (Birma) kann den HelferInnen nicht die Tür weisen, sie sind ja schon drin. Was ist daran so schlimm, wenn das Militär die Hilfsgüter konfesziert und selber verteilt? Müssen Hilfsorganisationen dermaßen auf ihr Ego pochen? Hauptsache die Hilfe kommt an. Ach, sie kommt vermutlich gar nicht an? Hm, der Aufschwung in Deutschland kommt ebenfalls nicht bei vielen an. Ach so, die Militärregierung würde sich die Hilfsgüter für den Eigengebrauch unter den Nagel reißen? Hm, wer reißt sich denn in Deutschland so alles unter den Nagel (Stichwort: Beihilfeberechtigung für Abgeordnete, Diätenerhöhungen bei gleichzeitigem sozialen Abstieg von Massen)?

    Wenn ich mich in die myanmarische Regierung hineinversetze: Auch sie bekommen über die Medien mit, was in der Welt so vor sich geht. Ist ihre Angst, dass mit der Hilfe eine neue, schleichende Ausbeutung wiederkehrt so unberechtigt, auch wenn dieses Land keine Millionen Barrel Öl oder die entsprechende Menge Erdgas als Bodenschätze besitzt? Im Westen zählt mittlerweile jeder Tropfen von diesen knappen Ressourcen.

    Der Westen beteiligt sich überwiegend an der Olympiade in China – aus wirtschaftlichen Interessen. (Dass damit verbundene Bekehrungsversuche so nicht greifen, hat 1936 gezeigt.) Und China wird heutzutage z. B. über den bundesdeutschen Export erobert. Wir exportieren auf demütigende Weise Fabriken, die unseren Qualitäts- und Umweltansprüchen nicht immer genügen würden. Wir exportieren unsere stinkenden Autos nach China wie auch unsere Fast-Food-Ernährungsweise, die die Gesundheitskosten in China explodieren lassen wird. Wir exportieren unsere Lebensweise. Ist das Hilfe? Ist das eine Haltung, die gerne von anderen übernommen wird?

    Warum soll sich Myanmar (Birma) an so etwas ein Beispiel nehmen? Warum sich (mal wieder) zum Bock machen und andere Böcke zum Gärtner werden lassen?

    Vielleicht geht es nur um die kurz-, mittel- und langfristige Haltung und besonnene Weitsicht mit dem Blick auf Wechselwirkungen, mit der wir nicht als anmaßende Götter, sondern als ebenfalls sterbliche Menschen anderen Menschen in anderen Ländern und Kulturen begegnen!

     

    PS: Warum beteiligen sich die meisten Medien an diesem Tunnelblick und fördern damit eine Verurteilung, die die Fronten womöglich nur noch verhärtet und bei künftigen Katastrophen womöglich ähnliches bewirkt?

    Ob es auch hier Gier ist?

  • S
    Samara

    Traurige Welt... ! Man kann nur hoffen die Menschen erlangen bald ihren klaren Verstand und lassen "Fremde"Hilfe endlich ganz zu... Aber wie die Welt nunmal ist.. Interessieren sich die meisten einfach nicht mehr für die Menschen, es zählen andere Dinge Macht und Geld !

  • I
    Ivanfi

    Solange wir solche Journalisten haben, wie Nicola Glass, gehen die feindseligen, aber auch lächerlichen und politisch gefährlichen Mutmaßungen von westlichen Berichterstattern, die, aus nicht verfizierbaren Quellen stammenden Geschichtchen aufblasen, nicht aus.

     

    Wir freuen uns jeden Tag auf eine neue Myanmar-Sau, die durch die medialen Straßen getrieben werden. Horrorgeschichten, Gruselhafte Umschreibungen aus Myanmar versüßen unseren so tristen Alltag.

    Für einen aufmerksamen Leser, der die bekannten westlichen medialen Interessen kennt, bleibt am Ende an Wahrheitsgehalt nichts an Belanglosigkeit viel übrig.

     

    Es wäre endlich Zeit, unsere eigenen Zwangsneurosen, die Zwangsneurosen unserer Umwelt, unserer Nächsten unter die Lupe zu nehmen:

     

    Wir müssen im Westen aufhören alles besserwissen, den Rest der Welt, insbesondere die dritte Welt schlechtzureden, alles besser zu können, (selbst wenn es so ist oder wäre, ist höfliche Bescheidenheit und Zurückhaltung geboten!) alle Länder ethisch, moralisch, wirtschaftlich, rechtlich, politisch und kulturell für Schrottreif zu erklären, allen Ländern Kultur, Demokratie, Menschenrechte, Logik und Sitten beibringen zu wollen und sogar dies zwangsneurotisch zu müssen.

     

    Hören wir auf, uns überheblich und den Rest der Welt maßregelnd zu verhalten!

     

    Großmannssucht und humanitäre Gewalt ekelt die Dritte Welt an! Die Menschen können, (manchmal, wenn es zu spät ist) sehr schnell erkennen, was letztendlich hinter dem Schafspelz steckt! Geopolitik, Kälte, Geschäftssinn, Unbarmherzigkeit!

     

    Diesen meinen Aufruf müssen heute insbesondere die Neokons und ihre verwandten Arten begreifen und einprägen, nichtdestoweniger müssen sich die heute regierenden und die Regierenden wählenden Rot-Grüne 68-er auf ihre Ursprungsideale besinnen, auf Ideale, mit denen sie damals die Einstellung westlicher Subversionen auf der ganzen Welt forderten.

     

    Auf Ideale zu besinnen ist dringend geboten, wie damals, als die 68-er noch Frieden und Friedlichkeit auf ihre Fahnen schrieben, als sie noch für Völkerfreundschaft, Völkerverständigung, für multiethnisches Miteinander, gegen Rassismus, gegen Völkerhass, gegen ethnische Spannungen, gegen ethnische, subversive Kriege , gegen Separatismus, für einen Schmelztiegel der Rassen, Menschen aller Nationalitäten und in Frieden zu leben schwärmten und für all diese IDEALE auf den Straßen demonstrierten.

     

    Hören wir auf, zu behaupten oder zumindest indirekt mit zahlreichen hinweisen „dezent“ umzuschreiben, dass es kein Rechtssystem, keinen Rechtsstaat auf der Welt gibt ausser der Bundesrepublik Deutschland.

     

    Hören wir auf zu behaupten, dass nur der Westen Recht hat, völkerrechtliche Maßstäbe aufzustellen, nur der Westen hat Recht alles Mögliche und Unmögliche auf der Welt nach eigenem Belieben zu interpretieren.

     

    Hören wir es auf, uns einzubilden, dass der Rest der Welt immer so zu springen und uns zu folgen hat, wie wir es ihnen vorschreiben oder "netterweise" befehlen, "empfehlen".

     

    Hören wir auf, uns so zu verhalten, als seien wir, die BRD im Speziellen und der Westen im Allgemeinen der Nabel der Welt.