■ Das Portrait: Hiltrud Kier
Was noch vor drei Jahren ihre Berufung rechtfertigte, reicht heuer allemal zu ihrer Entlassung: Hiltrud Kier ist eine unbequeme Persönlichkeit. In der „Dringlichkeitsentscheidung“ des Oberstadtdirektors heißt es, daß die Generaldirektorin der Kölner Museen „aus ihrer Funktion mit sofortiger Wirkung ausscheidet“. Statt dessen wird sie – bei vollen Bezügen von 150.000 DM jährlich – „mit der Leitung eines Wissenschaftsreferats der Kölner Museen beim Kulturdezernat beauftragt“. Ein wohldotiertes Abschiebegleis für die gebürtige Grazerin, die nicht nur die lokale Variante des Filzes, den kölschen Klüngel, bestens kennt, sondern sich auch mit dessen Repräsentanten anzulegen verstand.
1973 hatte die Kunsthistorikerin bei der Denkmalpflege begonnen, deren Leitung sie 1978 übernahm und sich unter anderem durch die Restaurierung der romanischen Kirchen einen Namen machte, ehe sie 1990 die Beletage der Kölner Museumsbauten erreichte.
Dem kölschen Klüngel unterlegen: Hiltrud Kier Foto: dpa
Schon damals wurde diese Ratsentscheidung besonders von den Lobbyisten der modernen Kunst kritisiert – Köln ist noch immer die Stadt der Sammler und Mäzene. Deren Befürchtungen erfüllte Kier auch alsbald, indem sie sich weigerte, die Josef-Haubrich-Kunsthalle allein der modernen Kunst zur Verfügung zu stellen. Keineswegs konfliktscheu, so ihre Befürworter, dafür undiplomatisch bis unbelehrbar, so ihre Gegner, bestand sie auf einer Balance zwischen Tradition und Moderne.
Zum Fallstrick wurde ihr die Auseinandersetzung mit Rainer Budde, dem Direktor des traditionsreichen Wallraff-Richartz-Museums, der – in Köln ein offenes Geheimnis – sein Amt eher lässig versieht. In einer „internen Dienstanweisung“ stellte sie fest, daß Budde nicht nur „keine erkennbare Arbeitsleistung“ erbringe, sondern sie bestimmte auch, daß dessen Anordnungen in Zukunft nur noch mit ihrer Bestätigung zu befolgen wären. Wohl in der Angst, ihnen könnte ähnliches widerfahren, probten daraufhin sämtliche Museumsdirektoren den Aufstand und beschlossen ihrerseits einstimmig, daß „keine Vertrauensbasis für eine weitere Zusammenarbeit“ bestünde. Das kölsche Ungemach nahm den bekannten Lauf und die deutsche Museumspolitik ist um einen Skandal reicher. Thomas Fechner-Smarsly
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