■ Heute Weltuntergang?: Andersens Märchen
Bochum (taz) – Sterndeuter und Eingeweideschauer gibt es überall. Auch in Bochum: Ein Herr Hans J. Andersen gibt dort im eigenen „Verlag für Vorzeit- und Zukunftsforschung“ kassandrische Warnungen an die Welt heraus. Etwa ein Buch, das, wie er sagt, Nostradamus selbst aus dem Jenseits diktiert habe. Darin ist zu lesen, daß um das Jahr 2000 ein „Polsprung“ zu gewärtigen sei, in dessen Folge Atlantis südlich von Grönland wieder auftauchen werde. Australien hingegen werde zu drei Vierteln versinken; desgleichen werde ganz Südostasien untergehen, auch Südamerika. Der Westen der USA werde völlig im Meer verschwinden, auch England, nicht aber Schottland. Eine korrigierte Weltkarte ist für 10 Mark bei Andersen zu bestellen.
Andersen sieht „schwere Katastrophen“ herandräuen. Konkret prophezeite er den Ausbruch des Vesuv sowie schwere Erdbeben in Neapel für Ende April 1995. Da aber nach Ostern nix passierte, gibt es nun einen neuen Zeitpunkt für die Heimsuchung: Durch das Zusammenwirken von Jupiter und Pluto werde ein „erhöhter tektonischer Plattendruck wirksam“. Mars spiele eine bedeutsame Rolle, und Pluto überpendele „dreimal denselben Grad“. Letztmalig am 11. November. Ist dies womöglich das gültige Datum des Untergangs? Reinhard Wiechozcek, Leiter der Sternwarte Paderborn, weist allein schon Andersens Sterndaten als grundfalsch aus – das Ganze sei „grober Unfug“. Nach Ansicht des Münchener „Forum Kritische Psychologie“ müßten Astrologen, die derartige, unbegründbare Ängste verbreiten, juristisch zur Rechenschaft gezogen werden. Wahrheit ist hingegen: Astrologie gilt nach wie vor als ein von der Bundesanstalt für Arbeit anerkanntes Berufsbild. Colin Goldner
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