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Hessens Linke-Chef über Duldungen und Koalitionen"An uns wird es nicht scheitern"

Nicht nur eine Tolerierung, sondern auch eine rot-grün-rote Koalition sei denkbar, sagt Ulrich Wilken, neuer Landeschef der Linken in Hessen.

"Wir können alles - notfalls auch regieren": Wilken mit Genossin Eifler. Bild: dpa

taz: Herr Wilken, warum will die Linkspartei SPD und Grüne nur tolerieren - und nicht mit ihnen regieren?

Ulrich Wilken: Wir schließen eine Koalition keineswegs aus. Wir sind in einem offenen Prozess - allerdings habe ich den Eindruck, dass die SPD in dieser Frage gespalten ist. Die SPD in Hessen ist derzeit nicht bereit für eine rot-rot-grüne Koalition.

SPD-Landeschefin Andrea Ypsilanti sagt allerdings, dass eine Koalition nicht infrage kommt, weil die Linkspartei nicht will. Was denn nun?

Das hat sie letzte Woche gesagt. Jetzt haben wir eine andere Lage. Denn wir haben von dem Parteitag das Votum, eine rot-grüne Minderheitsregierung zu wählen und über eine Tolerierung zu verhandeln. Das ist eine neue Situation.

Sind Sie sicher, dass die Tolerierung klappt?

An uns wird es nicht scheitern. Wir haben für den Haushalt drei Knock-out-Kriterien: keine Privatisierung, kein Sozialabbau, kein Personalabbau im öffentlichen Dienst. Das ist wirklich keine unüberwindliche Hürde.

Und das ist alles, was die Linkspartei will?

Nein, wir wollen keine 1-Euro-Jobs mehr in Hessen, sondern tariflich entlohnte, sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze. Und die Hessen-Card, um Armen die Teilnahme am öffentlichen Leben zu ermöglichen. Wir brauchen ein Antiarmutsprogramm. Und die Gemeinschaftsschule als Regelschule. Das können wir mit Rot-Grün auch hinkriegen.

Entscheiden soll über die Tolerierung die Parteibasis. Sind Sie sicher, dass Sie eine Mehrheit bekommen?

Wenn wir das erreichen, schon, glaube ich. Und wir werden diskutieren, welche Form der Zusammenarbeit die beste ist. Allerdings hat eine Koalition auch einen Nachteil. Der offene, öffentliche Stil, den wir derzeit pflegen, würde leiden, wenn wieder hinter verschlossenen Kabinettstüren verhandelt wird.

Hätte die Linkspartei denn überhaupt das Personal, um zu regieren?

Aber sicher. Wir haben im Wahlkampf gesagt: Wir können alles - notfalls auch regieren (lacht).

Andrea Ypsilanti verlangt von der Linkspartei Verlässlichkeit - und mehr als einen Handschlag. Also wird es einen Tolerierungsvertrag geben.

Ja, aber das dauert noch. Vorher wird es Briefwechsel geben, vielleicht ein gemeinsames politisches Papier, das wir unterschreiben. Ein Tolerierungsvertrag käme gegebenenfalls erst danach.

Bei SPD und Grünen gibt es Befürchtungen, dass die Ypsilanti-Regierung vom Gutdünken der Linksparteibasis abhängen wird. Sie wollen nun einen Mitgliederentscheid über die Tolerierung. Schüren Sie damit nicht Ängste bei der SPD?

Wir sind nicht unzuverlässig. Wenn es nach uns ginge, würde Ypsilanti längst regieren. Wenn Jürgen Walter [hessischer SPD-Rechter; Anm. d. R] uns Unzuverlässigkeit attestiert, hat das schon eine gewisse Ironie. Nach diesem Parteitag ist klar: Wenn die Inhalte stimmen, braucht keiner vor unserer Basis Angst zu haben. Die SPD muss eher Abweichler in ihren Reihen fürchten, nicht uns.

Wer wird 2009 Hessen regieren?

Andrea Ypsilanti.

INTERVIEW: STEFAN REINECKE

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