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Hertha Berlin in der Zweiten LigaAufstieg mit Askese

Unter immensem Druck versucht Trainer Markus Babbel Hertha ein neues Gesicht zu geben. Dem Nachwuchs soll eine Chance gegeben werden. Neu ist die Idee nicht.

Fiebern der Rückkehr in die Erste Liga entgegen: Hertha-Manager Michael Preetz und Trainer Markus Babbel. Bild: dpa

Die Kamera ist auf Markus Babbel gerichtet. Der Hertha-Trainer soll für das vereinseigene Medien-Team das heute stattfindende Zweitligaspiel gegen den VfL Bochum bewerben. Drei Sätze haben sie ihm schon vorgesagt und außerdem ergänzt einer, soll er noch darauf verweisen, dass der Glühwein rund um das Stadion nur die Hälfte kostet. Babbel wird es zu viel. "Ich bin doch nicht Robert Redford", protestiert er. Der 38-Jährige ist lieber selbst Autor seiner Äußerungen.

Das ist nur allzu verständlich, zumal Babbel in Berlin mit seiner Art zu reden bislang bestens ankam. Der Öffentlichkeitsarbeiter Peter Bohmbach lobt: "Mit wenigen kurzen Sätzen ist es Markus Babbel gelungen, hier von Anfang an eine gute Stimmung zu erzeugen." Eine Strategie, sagt der frühere Nationalspieler, habe er sich für seinen Auftritt in Berlin nicht zurecht gelegt. Nach dem Abstieg seien alle bei Hertha sehr "down" und "gelähmt" gewesen. Da habe er eben dargestellt, welche große Chance der Klub nun habe. "Das Leben ist eh sehr negativ geprägt, da muss man immer versuchen, positiv zu denken. Das habe ich versucht rüberzubringen."

Mittlerweile ist die Stimmung bei Hertha so prächtig wie selten zuvor. Mit 40.000 Zuschauern im Schnitt zieht der Verein so viel Publikum an wie kein anderer Zweitligist in Europa. Babbel findet das "phänomenal" und mit Erstaunen stellt er fest, dass beim Zweitligisten die Medienpräsenz größer sei, als früher zu seiner Zeit bei Bayern München und dem FC Liverpool. Fast von Saisonbeginn an führen die Berliner die Zweite Liga an. Gewinnen sie heute gegen Bochum, dann stehen die Berliner weiter auf Platz eins.

Die von Babbel selbst erwarteten Anlaufschwierigkeiten in der neuen Liga sind ausgeblieben. "Gott sei Dank", sagt er, "das ist ja ein immenser Druck, wenn man hinterherhecheln muss." Druck verspürt Babbel aber auch so noch genug. Dieser schlägt sich in seinem Vokabular nieder. Er spricht immerzu von der "extrem harten Arbeit", vom "brutalen Ziel" und vom notwendigen "absoluten Verzicht". Hertha ist ein Havariefall. Der Supertanker aus der Bundesliga ist in Gewässer mit gefährlichen Strudeln abgetrieben. Das Übergepäck, kostspielige Erstligaspieler wie Ramos und Raffael, und das dadurch recht aufgeblasene Budget, hat man nicht über Bord geworfen. Babbel weiß: "Da hängt unheimlich viel dran. Wenn wir diese Saison nicht aufsteigen, bleibt Hertha vielleicht über Jahre in der Zweiten Liga."

Just heute wird der mit 35 Millionen Euro verschuldete Verein bekannt geben, was zuvor schon an die Öffentlichkeit durchgesickert ist. Man wird sich weiter verschulden. Eine neue Anleihe über sechs Millionen Euro soll aufgenommen werden. Mit allen Widrigkeiten des Vereins scheint Babbel aber nicht belastet zu werden. Er versichert, davon habe er lediglich aus der Zeitung erfahren. Er müsse sich da noch schlaumachen.

Es ist ein undankbarer Job für Babbel. Lorbeeren wird er in Berlin vorerst nicht ernten können. Der Aufstieg wird als Selbstverständlichkeit vorausgesetzt, andernfalls endet sein Vertrag. Sein Cottbusser Trainerkollege Claus-Dieter Wollitz bekundete jüngst respektlos, mit diesem Kader hätte er mindestens genauso viele Punkte geholt. Babbel setzt nun alles auf eine Karte. Er spricht von einer "absoluten Ausnahmesituation". Die Gegner, berichtet er, studiere er ja immer auf DVDs, aber bei den Spielen gegen Hertha seien sie kaum wiederzuerkennen. Gegen den Krösus der Liga werfen alle ihre Kampfkraft in die Waagschale. Deshalb fordert Babbel von seine Spielern strengste private Enthaltsamkeit: "Sie müssen sagen: Heute kann ich nicht, dafür bin ich aber nächstes Jahr dabei."

Askese wird bei Hertha großgeschrieben. Bislang hat das auch durchaus seine Spuren auf dem Platz hinterlassen. Rauschhafte Momente bietet das für Zweitligaverhältnisse mit überdurchschnittlichen spielerischen Fähigkeiten versehene Team selten. Vielmehr erkennt man "die extrem harte Arbeit" wieder, von der Babbel so häufig spricht. Mit Fanol Perdedaj, Nico Schulz, Sebastian Neumann und Pierre Michel Lasogga hat Babbel einige junge Hertha-Nachwuchsspieler in das Profiteam integriert - ein Ansatz, den bei Hertha einst Falko Götz mit Profis wie den Boateng-Brüdern und Askan Dejagah verfolgte, der aber dann von dem kaufwütigen Lucien Favre wieder begraben wurde. Auch bei Babbels direktem Vorgänger, Friedhelm Funkel, der bei der heutigen Partie auf der Gästetrainerbank Platz nehmen wird, hatten die eigenen Talente keine Chance.

Die Identifikation mit den Wurzeln des Verein beschwört Babbel immer wieder. Als Bundesligatrainer gehört er ja eigentlich der Spezies des Wanderarbeiters an. Und er räumt ein: "Natürlich bin ich kein Herthaner und ich war auch kein Stuttgarter, weil ich einfach ein Bayer bin und von Bayern München komme." Aber ihm ginge es darum, dass der Verein gut dastünde. Auch wenn es unrealistisch sei, würde er am liebsten mit elf Spielern aus der Hertha-Jugend auflaufen.

Ist es in der Zweiten Liga vielleicht aber auch einfacher, Talente an den Profibetrieb heranzuführen? Babbel ist vom Gegenteil überzeugt: "Ich kann angesichts unseres großen Ziels nicht großartig herumexperimentieren. Ich glaube, es ist schwieriger, diesen Mut aufzubringen." Dem Verein ein neues Gesicht zu geben, mit dem sich die Fans identifizieren können, das ist die große Chance für Hertha, die Babbel bei seiner Ankunft in Berlin angepriesen hat. Und er ist sichtlich stolz darauf, dass dieses Gesicht bereits erste Formen annimmt. Drei 19-Jährige könnten heute gegen Bochum in der Anfangself stehen. Neumann in der Innenverteidigung, Perdedaj im defensiven Mittelfeld und Lasogga, so wird vielfach spekuliert, darf möglicherweise anstatt des teuersten und formschwachen Sommereinkaufs Rob Friend stürmen.

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5 Kommentare

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  • S
    stephan

    @gerd Entsprechende Vorkommnisse wurden und werden mit den Betreffenden unter Unionern selber geklaert ohne es an die grosse Glocke zu haengen. In der Foersterei hab ich miterlebt, wie entsprechenden Personen durch anderen Unionern "nahegelegt" wurde die Foersterei zu verlassen und diese dann auch lieber das Stadion verliessen. Und da man sich lieber den Fussball in Koepenick widmet als der Politik, redet man auch lieber ueber Fussball nach dem Spiel. Ueber Muell redet man ebend nicht, man schafft ihn wenn notwendig raus

     

    Und das Hertha Komerz ist und nichts mit Askese zu tun hat, geben selbst Herthaner freiwillig zu. Wenn sie auch nicht immer damit gluecklich sind.

     

    Es gibt einige Vereine in der zweiten Liga die solide und sparsam wirtschaften, und damit dem Begriff Askese nahe kommen - ein anderes Beispiel dafuer ist z.b. Aue (siehe Taz vom 17.11). Aber Hertha ist es definitiv nicht

     

    Ich kann mit dem kleinen Etat bei uns gut leben, denn er ist auf soliden Boden gebaut. Wie es enden kann, wenn ein Verein dies nicht kann, hat in der letzten Saison TeBe (Pleite und kurz vor Aufloesung) in Berlin gezeigt. Um Hertha waere es schade, wenn sie sich durch ihren aktuellen Wirtschaftskurs ihre sportliche Zukunft verbauen wuerden

     

    Ohne Neid geb ich zu Hertha ist der Verein in Berlin der die besten Aussichten hat in der ersten Bundesliga mit zu spielen - vom Umfeld und wirtschaftlichen Möglichkeiten gehoert Hertha dort auch hin. Sollte Hertha den Aufstieg in dieser Saison nicht schaffen, wird es jedoch auf Jahre hinaus schwierig dort wieder hinzukommen - denn die Schulden sind ein Last die eine sportliche Entwicklung immer behindert. Eine Weisheit die jeder Unioner aus eigener Erfahrung kennt

     

    in Berlin gibt es fuer jeden mit Hertha (mit Komerz) und Union (ohne Komerz) passenden Profifussball

     

    Bei den Amateuren gibt es auch einige interessante und sehenswerte Vereine, aber TeamBeleidigt und B** gehoeren nicht dazu

  • G
    Gerd

    @Stephan

     

    Stimmt, das ist mehr als bloße Pöbelei, das ist von Unioner_innen immer wieder gerne unter Beweis gestellt worden. Ich sag nur "Zick Zack Zigeunerpack"-Rufe aus dem Union-Block, egal gegen wen es geht oder das Hans-Rosenthal-Lied, mit dem Tennis Borussia vor einigen Wochen wieder bedacht wurde.

    Zusammen mit diesem unerträglich weinerlichen "die Erna hat viel mehr Geld als wir", das ständig über Köpenick aufsteigt, sobald auch nur irgendwas über die Konkurrenz in blau-weiß zu hören oder lesen ist, macht das Union zum unerträglichsten Berliner Verein neben dem BFC.

  • S
    stephan

    @gerd Die Bezeichnung Nazigesocks fuer Unioner ist mehr als nur eine simple Poebelei. Aber im Internet sind anonyme Verleumdungen kein Problem.

     

    Das Hertha und Askese nicht zusammenpasst, ist keine Poebelei sondern eine simple Tatsache

  • G
    Gerd

    War ja klar, dass wieder Gepöbel aus der Köpenicker Ecke kommt...

    Ich mag die Erna auch nicht, aber das ständige Gejammer aus den Tiefen der Wuhle nervt.

    Die Erna spielt seit Jahren besser als Union und natürlich hat sie daher mehr Geld bekommen, weil sie auch mehr einbringt. Und weniger schlechte Schlagzeilen produziert.

    Das Nazigesocks aus Köpenick sollte eigentlich direkt in die Kreisklasse C runtergereicht werden, da gehören sie hin.

     

    Immerhin hat die Erna offensichtlich noch nie eine gefälschte Bankbürgscahft eingereicht.

  • S
    stephan

    Askese ist etwas anderes als ein Rekordetat fuer die zweite Liga aufzustellen und sich weiter zu verschulden. Zu der im Artikel bereits angesprochenen Neuverschuldung, kommt noch die Stundung der Stadionmiete durch den senat dazu

     

    Wenn man einen ernsthaften Artikel ueber Askese in der zweiten Liga schreiben will, muesste man nur nach Koepenick schauen zum 1.FC Union Berlin. Sparsam und Bodenstaendig ist Union das ganze Gegenteil von Hertha.

     

    Gutes Beispiel die Preise beim Derby - Union kein Derbyzuschlag vs Hertha 60% Derbyzuschlag