Hertha BSC: La Ola und ein wenig Fußball
Im Jubiläumsspiel lief Hertha am Samstag im Berliner Olympiastadion gegen den FC Liverpool auf und verlor deutlich. Dem Anhang war’s egal.
Die Gäste hatten es eilig. Zehn Minuten, hieß es, hat Teammanager Jürgen Klopp für Fragen, dann will der FC Liverpool zum Flieger. Drei weitere Spiele in sieben Tagen, erbarmungslos ist der Takt der Vorbereitung. Unterwegs hatten die Briten beim Jubiläumsspiel zum 125. Geburtstag von Hertha BSC am Samstag ohne allzu große Mühe mit 3:0 gegen die Berliner gesiegt – eine deutliche Duftmarke, aber immer noch anständig genug, um den Gastgeber beim Geburtstagsspiel nicht vorzuführen.
„Man muss ein bisschen schlucken“, kommentierte Pál Dárdai dennoch etwas geknickt. „Ich habe mir gewünscht, dass wir wenigstens ein Tor schießen.“ Alles andere als eine Niederlage wäre aber auch eine Überraschung gewesen gegen den dicken Weltclub, dessen Kader sich des fünffachen Marktwertes von Hertha freuen kann und der in Berlin durchaus ernsthaft testete.
Internationale Atmosphäre
Offiziell 3.000 Liverpool-Fans waren zu Gast, in Wirklichkeit dürften es noch deutlich mehr gewesen sein. Nach grauen Jahren gegen Teams wie Hannover 96 oder Zweitliga-Kicks gegen Greuther Fürth kehrte damit internationale Atmosphäre ins Olympiastadion zurück, und die Hertha-Fans hatten spürbar Spaß dran. Auch wenn das Spiel selbst mehr blutarmer, chancenarmer Sommerkick denn großes Duell war und die Testspiel-Picknick-Atmosphäre nie ganz verflog: Die Anhänger sorgten für ihre eigene Unterhaltung. Zum Auftakt sangen Herthaner und Liverpudlians gemeinsam das unvermeidliche „You’ll never walk alone“, hinterher schickte man zusammen die La Ola durchs Stadion, und nach dem Spiel deckten sich Fans beider Lager mit Jubiläumsschals ein.
Offenbar war die Partie speziell für deutsche und polnische Liverpool-Fans ein guter Anlass, die ferne Liebe live zu sehen. Die Herthaner unterdessen liefen im eigens von Fans designten Jubiläumstrikot auf. Ansonsten sparte man beim Geburtstagsspiel an Tamtam und Uftata – nach all den Geschichten um Dampfer, Ehrungen, Einweihungen und Ausstellungen durfte es einfach mal Fußball sein.
Sportlich lässt sich aus dem 0:3 nicht viel ableiten: Hertha zeigte altbekannte Schwächen bei Spielaufbau und Kreativität und leistete sich individuelle Abwehrfehler, hatte aber nun einen Gegner eingeladen, der Ungenauigkeiten hart abstraft. Ein Pflichtsieg für die Gäste, dann ging es auch schon zum Flieger.
Jürgen Klopp gratulierte Hertha noch fix zum Jubiläum und wünschte, „dass der tolle Weg, den der Verein geht, wertgeschätzt wird“.
Ein interessanter Ton in der ganzen Feierei, war doch das Olympiastadion mit 54.000 Besuchern trotz großer Werbekampagne wieder einmal nicht ausverkauft. „Für uns muss man nicht unbedingt das Stadion voll machen“, befand Klopp, „aber das würde dem Verein total helfen, den nächsten Schritt zu gehen. Sie werden ihn sowieso gehen, aber mit vollem Stadion wäre es leichter.“
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