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Archiv-Artikel

Kurzkritik „Dorfdisco“ Herrlich behutsame Dröhnung

Von fis

Ein Abend in schummriger Kälte. Zugemützt und eingemummelt ist das Publikum unfähig zu irgendeiner Reaktion auf den expressionistischen Abend im anziehend nackten Güterbahnhof. Zwei Musiker, ein Wille: Da muss was raus.

Und zwar mit Gewalt. Einer verdrischt die Gitarre, einer das Schlagzeug und brüllt dazu: the Hospitals – mit hospitalisiertem Dilettantismus. Aber es will noch mehr raus. Und zwar mit Gefühl. Im Zentrum der manisch erfolglosen Band „Mutter“ steht ein hagerer Dandy mit Flaneurtexten: selbstverliebt in die Selbstzweifel, so verletzlich wie verletzend, brüchig und finster. Beschützt durch kraftvolle, brachial undurchdringliche Soundwälle.

Tief tönend schwermütiger Heavy-Rock schiebt sich durch die Boxen. Herrlich behutsame Dröhnung. Und es will noch mehr raus. Und zwar auf Plateauschuhen. Das Schlampen-Comic-Duo „Cobra Killer“ theatralisiert den Saal mit der eigenen Schrillschraubigkeit. Cobra Killers Krawall-Elektro-Stampfe-Punk mit den verzerrtem Technoknüppel-Beats und quäkenden Sixties-Samples wird live imitiert von einem hochtourig agierenden Mandolinenorchester. Ein frischer Gag – für Dissidenz in Extravaganz. fis