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Herr Hefele in WimbledonGraue hinter Hecken

■ Informationen über Handys, Lords, Popel-Statistiken und Roscoe Tanner

Nein, ich habe keinerlei Lust, mich über das Für und Wider des Handyapparates auszubreiten. Nur soviel: Persönlich kann ich es nicht leiden, wenn ständig Menschen mit dem Daumen wählen und dann in ihre Handflächen sprechen. Lassen wir mal die beiseite, die so ein Ding beruflich verwenden. Kann sehr praktisch sein, wenn man überall erreichbar ist. Reden wir von den anderen, die zum Beispiel unbedingt in der Tube (wir Londoner sagen „Tube“ zur U- Bahn) telefonieren müssen.

Herr Hefele: Ich bin ein extrem unwichtiges Würstchen

Was gibt es da Dringendes zu melden, wenn nicht grade überraschend die Wehen einsetzen? – Du, ich bin jetzt grade in der Tube und bin dann gleich daheim ... –

Jedenfalls stell' ich mir, natürlich als Nicht-Handy-Man, den durchschnittlichen Dialog so vor – oder so ähnlich. Wahrscheinlich ist es ganz anders, und die meisten anderen Menschen haben viel mehr zu tun und mehr Leuten Bescheid zu sagen, und ich bin eben ein extrem unwichtiges Würstchen und komme deshalb glänzend ohne Handy aus. Den Zug der Zeit bzw. die Entwicklung der Technik werde ich mit Sicherheit nicht aufhalten.

Apropos Technik. Auf diesem Gebiet wird in Wimbledon natürlich Beachtliches geleistet. Was dort an Informationen umherschwirrt, geht auf keine Kuhhaut. Ein TV-Raum mit 25 Apparaten; jedes Spiel kann gesehen werden, jedes Ergebnis immer und sofort. Wer ist heute in der Royal-Box angemeldet? By the way: Höchster Besuch war schon da. Lord & Lady Hussey, the Marchioness of Dufferin & Ava. Und: Hätte ich sonst gewußt, wer da im Rolls Royce und mit Motorradeskorte zum Center Court gefahren kam? Es war der Botschafter von Ägypten, Dr. Mohamed Shaker und Mrs.

Ich kenn' den ja nicht. Das sind Informationen, mit denen man was anfangen kann. Was dagegen sollen „Order of play“-Listen, Interviewausdrucke nach jedem Match und Statistiken. Wieviel erste Aufschläge waren drin, wieviel zweite Aufschläge waren drin? Asse sowieso. Punkte mit der Vorhand, Punkte mit der Rückhand. Volleys, Smashs, Drives, Stops. Wie oft hat der Linienrichter in der Nase gebohrt?

Wen interessiert das, um des Himmels Willen? Und wer stellt diese Statistiken auf?

Das müssen doch Heerscharen von armen Monitorsklaven sein, die so ein Spiel in seine Einzelheiten zerpflücken. Was für ein beschissener Job! Sollten Journalisten, die über Tennis schreiben, nicht soviel Ahnung von Tennis haben, daß sie sehen, wessen Aufschlag stark und wessen Rückhand schwach ist?

Einen saftigen Aufschlag hat übrigens immer noch Roscoe Tanner, der 1979 eigentlich im wesentlichen nur über seinen Kanonenaufschlag ins Finale kam. Jetzt schwingt er im Über- 45-Jahre-Wettbewerb das Rakett. Ein schönes Bild: all die grauen Köpfe hinter den Hecken. Virginia Wade und Jan Kodes; manche mit mehr oder weniger kleinen Bäuchlein ausgestattet, gehen sie immer noch mit Begeisterung ihrer Bestimmung nach: das Gelbe muß übers Geflochtene.

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