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Heraus zum 1. Mai!

Berlin (taz) - Der diesjährige 1.Mai stand weltweit ganz im Zeichen der politischen Veränderungen. In zahlreichen Staaten Osteuropas wurden der Tag der Arbeit zum ersten Mal nicht offiziell begangen.

In Südkorea hat sich der Arbeitskonflikt zum 1.Mai weiter verschärft. Über 2.400 Polizisten stürmten in der Nacht zum 1. Mai den nationalen Rundfunksender KBS in Seoul und nahmen 300 streikende Angestellte fest. Etwa 3.900 Mitarbeiter hatten kurz zuvor mehrheitlich beschlossen, aus Protest gegen die am Samstag erfolgte Räumung der Hyundai-Werft in Ulsan ihren Streik fortzuführen. In der Hafenstadt Ulsan selbst kam es am 1. Mai zu weiteren gewaltsamen Protestaktionen. Trotz eines Verbots zogen etwa 20.000 Arbeiter am 1. Mai durch die Straßen Ulsans, um gegen die gewaltsame Räumung der Werft zu protestieren. Gleichzeitig forderten sie den Abzug der 12.000 Polizisten und die Freilassung von 18 inhaftierten Arbeiterführern. Während die Großdemonstration friedlich verlief, lieferten sich etwa 2.000 Protestler eine Schlacht mit der Polizei. Zehntausende südkoreanische Arbeiter waren am Montag aus Protest gegen den Polizeieinsatz in der Hyundai-Werft in einen Solidaritätsstreik getreten.

Nepal - Zum ersten Mal seit 30 Jahren haben die Arbeiter Nepals den 1.Mai mit großangelegten Kundgebungen begangen. Bei einer Kundgebung in Kathmandu betonte der Generalsekretär der Kommunistischen Partei Nepals, Mana Mohan Adhikari, die Wichtigkeit einer zugelassenen Arbeiterbewegung für Nepal.

China - Ohne Paraden oder Demonstrationen ist der 1.Mai in Peking verlaufen. Wie auch im vergangenen Jahr fehlten auf dem Tienanmenplatz die Porträts von Marx, Engels, Lenin und Stalin, die zuvor alljährlich zum Tag der Arbeit aufgehängt worden waren.

Litauen - Rund 5.000 Teilnehmer einer von der Moskau-treuen KP Litauens organisierten 1.-Mai-Kundgebung haben in Vilnius gegen den Unabhängigkeitskurs der baltischen Republik demonstriert. „Die jetzige konservative Führung Litauens macht eine nationalistische Politik gegen die Interessen der Arbeiter“, betonte Mykolas Burokevicius, erster Sekretär der litauischen Kommunisten. Anschließend zogen die Kundgebungsteilnehmer mit regierungskritischen Transparenten in russischer Sprache und roten Fahnen durch die Innenstadt von Vilnius.

Polen - Nur wenig Interesse haben in Polen in diesem Jahr die Kundgebungen zum 1. Mai gefunden. Es gab keine offiziellen Mai-Aufmärsche. Etwa 5.000 Menschen beteiligten sich in Warschau an einem kurzen, von den Nachfolgeorganisationen der Kommunisten organisierten Marsch zum Denkmal für die Helden von Warschau.

Tschechoslowakei - Auch in Prag gab es erstmals keine Mai -Aufmärsche. Die Menschen feierten wie die Ungarn bei volksfestähnlichen Veranstaltungen.

Rumänien - In Rumänien fanden ebenfalls keine offiziellen Maifeiern statt. Die Atmosphäre, insbesondere in der Hauptstadt Bukarest, blieb angesichts anhaltender Demonstrationen gegen die angeblich kommunistisch belastete Übergangsregierung von Präsident Ion Iliescu gespannt.

Bulgarien - In Sofia folgten etwa 40.000 Menschen einem Aufruf der Opposition zur ersten freien Maidemonstration. Zumeist junge Menschen versammelten sich im Zentrum der Stadt mit Spruchbändern wie „Nieder mit den Kommunisten“, „Der Sieg gehört uns“. Eine Demonstration der bulgarischen Kommunisten vor dem Kulturpalast besuchten rund 5.000 meist ältere Menschen.

Japan - In Japan haben mehr als vier Millionen Gewerkschafter an 1.400 Kundgebungen zum Tag der Arbeit teilgenommen.

Spanien - In Madrid demonstrierten rund 200.000 Mitglieder und Sympathisanten der beiden großen spanischen Gewerkschaften gegen die sozialistische Regierung.

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