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Hemmungslos romantisch

■ Die Broadway-Tanzshow Tango Pasión in der Musikhalle ist eine Reise durch die Geschichte des Tanzes, der weniger Tanz als Mythos ist

Seine Hohheit war amüsiert. Des Fürsten von Monaccos Herz tat beim Anblick von Tango Pasión solch ausgelassene Hüpfer, daß es ganz weich wurde. So entschloß er sich, sein Volk zu beglücken durch Teilhabe: Für den 70. Jahrestag des großen Protektoratvertrages seines Staates mit Frankreich am 17. Juli lädt er das Tanzspiel in ein 25.000 Zuschauer fassendes Stadion und wird allen Besitzern eines gültigen monegassischen Passes umsonst Einlaß gewähren. Wir schreiben das Jahr 1997.

Als der Tango geboren wurde, sah es mit der höfischen, kirchlichen und gesellschaftlichen Anerkennung noch entschieden anders aus. „Tango startete wie der Jazz: in Honky Tonk Bars, arme Leute Läden“, erklärt Mel Howard, Produzent von Tango Pasión. „Genauer gesagt: in Bordellen, wo die Männer, während sie darauf warteten, an die Reihe zu kommen, sich die Zeit mit tanzen vertrieben. Die Männer tanzten zusammen, die Nutten sahen das, kopierten den Tanz, und erst später tanzten Männer und Frauen zusammen. Doch Tango wurde mehr als Tanz. Es ist eine Art zu leben.“

Tango, soviel steht außer Frage, ist ein Mythos. Und der Mythos lebt. In Westeuropa, aber auch in Japan und Australien, boomt der Tanz fast wie vor neunzig Jahren, als er die Salons von Paris eroberte. Tango Pasión, eine Tanzshow ganz ohne Dialoge, deren Konzept dem französischen Tanzfilm Le Bal nachempfunden ist, tourt bereits seit fünf Jahren quer durch die Welt und zwar mit wachsendem Erfolg. Anfang des Monats tanzte das argentische Ensemble zwei Nächte im ausverkauften Amphitheater der Athener Akropolis; vor einem Publikum, das größtenteils zwischen 20 und 30 Jahre alt war. Vor fünf Jahren, so Howard, war das Publikum 40 und älter.

Der Amerikaner, der einst mit dem legendären Living Theatre tourte und mittlerweile mehr als 100 Musicals, Theater- und Tanzstücke produziert hat, glaubt den Erfolg in der hemmungslosen Direktheit des Tanzes begründet: „Tango ist ein Tanz der Leidenschaft, der Verführung, der Spiritualität und des Schmerzes. Unsere Show ist nicht für den Kopf, sie ist für das Herz designed. Wir schämen uns nicht, romantisch zu sein.“

Sieben Paare, von denen fünf verheiratet sind, tanzen in Tango Pasión durch die Musik- und Ausdrucksgeschichte des Tanzes, der kein Tanz sein will. „Immer wenn der Zuschauer denkt, er hätte den Tango gesehen, sieht er im nächsten Augenblick was Neues.“

Die Choreographie von Hector Zaraspe führt in eine Tanzbar der bildhaften Erinnerung. Zwar gibt es weder Dialog noch Gesang, doch ist die Show keine Revue. Es werden Charaktere entwickelt, deren Geschichte und Verhältnisse man auf der Bühne verfolgen kann. Musikalisch bewegt sich das Geschehen zwischen zwischen traditionellen Tangos der 40er Jahre bis zu den experimentellen Kompositionen von Astor Piazolla. Und das auf höchstem Niveau: Es spielt das Sexteto Mayor, das seit 1972 zu den besten Tango-Orchestern Argentiniens, und damit der Welt zählt.

Christiane Kühl

9. – 31. Juli, 20 Uhr, Musikhalle

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