Hells-Angels-Razzia: Zur Hölle mit dem Maulwurf

Nach dem Verbot einer Hells-Angels-Gruppierung fahndet die Polizei in ihren Reihen nach dem Informationsleck. Sicher ist: Einige Medien wussten Bescheid.

Polizei vs. Höllenengel, hier am Mittwoch in Potsdam. Bild: dapd

Wie konnte es passieren, dass die Rockerszene von der Großrazzia der Polizei Wind bekam? Diese Frage ist es, die Politik und Sicherheitsbehörden seit dem Verbot des „Hells Angels Motorcycle Club Berlin City“ und dessen Untergruppe „MG 81“ umtreibt. Die Durchsuchung war für den frühen Mittwochmorgen angesetzt. Aber die Rocker wussten Bescheid. Bereits am Vortag räumten sie das Clubhaus aus. „Das Infoleck ist bei der Polizei zu suchen“, steht für Polizeisprecher Stefan Redlich fest.

Polizisten hätten Journalisten von der geplanten Aktion informiert, so viel ist für die Polizeiführung sicher. Unklar ist, ob Polizisten auch Informationen an Rocker weitergeben haben. „Zurzeit haben wir dafür keine Anhaltspunkte“, so Redlich. All das werde untersucht.

Fall für Innenausschuss

Am Montag befasst sich der Innenausschuss mit dem Thema. Es handele sich „um eine der schwersten Einsatzpannen der letzten Jahre“, schäumte der innenpolitische Sprecher der Grünen, Benedikt Lux. Bei allem Ärger über den Maulwurf sei das ein bisschen zu viel des Theaterdonners, so der Sprecher der Gewerkschaft der Polizei, Klaus Eisenreich. Bevor nicht geklärt sei, wo das Loch ist, verböten sich alle Spekulationen. In Polizeikreisen verdichtet sich nach Informationen der taz die Annahme, dass die Berichterstattung von Spiegel Online ursächlich dafür war, dass die Szene gewarnt wurde.

Die Chronologie der Ereignisse: Seit Jahren sammelt die Kripo Material, um Teile der Rockergruppen verbieten zu können. Das wissen die Biker natürlich auch. In Frühjahr 2012 war die Sammlung komplett: Donnerstag voriger Woche setzte Innensenator Frank Henkel (CDU) seine Unterschrift unter die Verbotsverfügung, am Pfingstwochenende stellten die Gerichte die Durchsuchungsbeschlüsse aus, Hundertschaften aus anderen Bundesländern wurden angefordert. „Schneller hätte es nicht gehen können“, sagen Insider. Eine absolute Geheimhaltung sei bei so vielen Beteiligten schwierig – zumal auch die Presse neugierig sei. Journalisten profitieren davon, dass sie aus der Behörde Informationen unter der Hand bekommen. „Richtig so“, sagt Eisenreich. „So wird Transparenz und Kontrolle ausgeübt.“ Gute Sitte sei aber, nichts vor Polizeieinsätzen zu verraten.

Am Dienstag um 11.49 Uhr hatte Spiegel Online die Nachricht ins Netz gestellt, diverse Rockergruppen sollten am Folgetag verboten werden. Dienstagnachmittag schraubten die Rocker ihr Vereinsschild ab. Gegen den Verratsvorwurf hat sich Spiegel Online verteidigt. Man habe schon Pfingsten aus Rockerkreisen von der für Mittwoch geplanten Razzia erfahren.

In der Polizei kursiert eine andere Vermutung: Spiegel Online sei durch Polizisten informiert gewesen. Als sich am Wochenende Bandidos mit Hells Angels zusammenschlossen, hätten die Journalisten dies so interpretiert, dass die Gruppen von der Razzia wüssten – und den Termin veröffentlicht.

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