kurzkritik: lesung juri andruchowytsch : Helga und der Käseteufel
Juri Andruchowytschs neuer Essayband, den sein deutscher Verlag „Engel und Dämonen der Peripherie“ nennt, obwohl er im Original „Der Teufel sitzt im Käse“ heißt, enthält einen wunderbaren Epilog über das, was Europa ist. Andruchowytsch berichtet darin von seinen Gedanken während einer Zugfahrt von Basel nach Berlin. Europa, schreibt er, sei eine geographische Amöbe, die ständig ihre Umrisse ändere. Seine Grenzen seien überall und nirgends, und einem wie ihm, der wohl bekanntesten literarischen Stimme der Ukraine, komme es zu, Europa zu beweisen, „dass es bedeutend größer ist, als es sich das selbst vorstellt“. Eine „besonders ehrenhafte Mission“ nennt er das. Da blitzt die Ironie durch, die auch seine Lesung im Goetheplatz-Theater kennzeichnet.
Eingeladen hatte Helga Trüpel, grüne Europa-Politikerin, und dass die Reihe „Bremen in Europa“ den Blick gezielt über die Grenzen der EU hinauslenkt, hat großen Reiz. Andruchowytsch berichtet von der Euphorie während der orangenen Revolution 2004/05, „da hielten wir das Wunder für die Norm“, sagt er. Alles, dachten sie, sei möglich, selbst eine massenhafte Landung auf dem Mars. Und der EU-Beitritt. Andruchowytsch lässt die Zuhörer ahnen, wie sehr sich das Land ins politische Europa sehnt – und wie schmerzhaft es ist, durch eine schier unüberwindbare Mauer auf Distanz gehalten zu werden. fez