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Archiv-Artikel

KURZKRITIK: ANDREA GRILLS PREISTRÄGERROMAN Helden des Prekariats

Von BES

Es klingt sehr nach fröhlicher Wissenschaft: „Das Schöne und das Notwendige“ heißt der Roman, für den Andrea Grill den Bremer Förderpreis für Literatur erhält. Eine seiner Hauptpersonen ist Ferdinand Neupert alias Fiat. Und der wünscht sich, fast wie Nietzsche,etwas, „das das Schöne mit dem Notwendigen verbindet“. Tatsächlich macht sich Grill einen Spaß daraus, mit wissenschaftlicher Sprache zu spielen: Jedes der 40 Kapitel eröffnet mit der Kurzbeschreibung einer Coffea-Art. Und fröhlich ist dieser Schelmenroman auch: Erzählt wird die Geschichte einer Männer-WG in einer ungenannten Stadt, gelegen dort, wo „der westliche Teil Mitteleuropas langsam verlischt, wie ein Nachtkerzchen“.

Die WG bilden Finzens Engel, der in der örtlichen Kathedrale als „Ruhestifter“ jobbt und besagter Fiat, arbeitslos und spielsüchtig. Auch Finzens Geld verzockt er. Aber statt ihn rauszuschmeißen entwickelt der den Ehrgeiz, mit ihm reich zu werden und die Kaffeekultur zu revolutionieren. Durch eine Schleichkatze. Denn vom Verdauungstrakt des Fleckenmusangs fermentierte Kaffeebohnen bilden, geröstet und gemahlen, Kopi Luwak, den teuersten Kaffee der Welt. „Die Katze ist ein Goldscheißer!“, klärt, begeistert, Finzens seinen eher passiven Mitbewohner auf. Sie klauen das notwendige Tier aus dem Zoo, haben Erfolg, und als es stirbt taucht, eine Nachfolger-Katze auf – die leider im Magen eines Python endet.

Leider traut Grill weder ihren zwei Helden des Prekariats noch ihrer skurillen Geschichte so recht: Die Personen bleiben blass, weil sie – der Text ist dialoglastig – alle nur Grills Sprache sprechen. Zudem bringen Abschweifungen wie ein sich in der WG-Küche aufblähendes Pferd, oder eine paarungswillige junge Frau den Erzählfuss zum Stocken. Nein, „Das Schöne und das Notwendige“ ist kein schlechtes Buch. Aber gewiss auch kein notwendiges. BES