ESPRESSO AM TRESEN : Heizen mit Teelichtern
Ich stehe am Tresen eines Italieners und warte darauf, dass der Mann vor mir seinen Kaffee schwarz kriegt, damit ich einen Espresso bestellen kann. Der Mann ist schon älter, hat eine Baseball-Kappe auf und ein großkariertes Holzfällerhemd an, in dem man noch bei minus 30 Grad Bäume fällen kann.
Das Gesicht ist noch zerfurchter als das von James Woods in „Once upon in America“. Was mir Respekt einflößt. Aber nur kurz, denn als der großkarierte Mann zahlen will, sagt er: „2,90 der Kaffee? Ne, da schmeckt er einem doch gleich nicht mehr. Da heiz ich mit Teelichtern, und dann kostet der Kaffee 2,90. Ne!“ Ich sage: „Mit Teelichtern?“ „Natürlich. 85 Teelichter. Bei minus 8 Grad bringen die 20 Grad im Zimmer. Is natürlich alles gut isoliert, is ja klar, 3 Meter dicke Wände und so. Nur aufpassen muss man, weil das ja rußt. Also Kinder und Tiere sollte man nicht haben.“
„Und ’ne Frau wahrscheinlich auch nicht“, sage ich. „Ach wissen Sie, Frauen … Ein Kumpel von mir sagte immer: Meine Ehe bringt so viele Probleme mit sich, die kann ich mit einer Frau allein gar nicht bewältigen.“ Ich grinse pflichtschuldig, und er wechselt das Thema.
„Seitdem ich Rentner bin, such ich ja ein Hobby. Bin jetzt aufs Schreiben gekommen. Die in den Verlagen, das sind ja alles Frauen. Also hab ich gedacht, muss ich was schreiben, wo ich der Depp bin. Hab meine Geschichte hingeschickt, und die hamse genommen. Wissen Sie, warum bei dem Kishon höchstens alle zwanzig Seiten was passiert?“ Ich zucke mit den Schultern. Ich wusste gar nicht, dass bei dem überhaupt was passiert. „Der wird nach Seiten bezahlt. Klar, dass der das in die Länge zieht. Also bei mir passiert da schon ein bisschen mehr.“ – „Wann erscheint denn Ihr Buch?“, frage ich beeindruckt. „Nächsten Sommer.“ Schon nicht schlecht, ab und zu Espresso am Tresen zu trinken. KLAUS BITTERMANN