Heiße Wahlkampfphase: Renate kämpft
Ihr neues Wahlplakat stellt die grüne Spitzenkandidatin Renate Künast ausgerechnet in Kreuzberg vor. Dort ist man not amused über die grün-schwarzen Gedankenspiele mancher Parteimitglieder.
Zuerst die gute Nachricht. Renate Künast glaubt an einen schönen Spätsommer. "Es ist nicht auszuschließen, dass es am 18. September ein besonders schöner Tag wird, und die Berlinerinnen und Berliner ins Grüne fahren", sagte die Spitzenkandidatin der (sic!) Grünen am Sonntag bei der Vorstellung des ersten Großplakats ihrer Partei. Dort steht, rechts oben, der Slogan "Briefwahl jetzt". Falls also Künast Recht behält, sollen ihr wenigstens die Stimmen der ins Grüne fleuchenden Grünen-Wähler nicht entgehen. Und wohl auch nicht die Stimmen derer, die sich auf den Kanaren sonnen. Falls auch noch der Spätsommer ausfällt.
Die Grünen läuten also die heiße Phase des Wahlkampfs ein. Da steht im Zentrum aber nicht das Wetter, sondern ein Prädikat: Kämpfen lautet es, und das dazugehörende Subjekt heißt Renate. Zusammen ergibt das den Typ-eins-Satz: "Renate kämpft."
Und ein Objekt gibt es auch noch. Das heißt: für neue Arbeitsplätze. Macht zusammen: Renate kämpft für neue Arbeitsplätze - und kauft euch ne Briefmarke, wenn ihr sie auch nach dem 18. September kämpfen sehen wollt.
Nun könnte man das ganze natürlich auch anders interpretieren. Schließlich wurde das Großplakat am Kreuzberger Oranienplatz aufgestellt, und da hat kämpfen seine eigene Bedeutung. Zum Beispiel "Für den revolutionären Ersten Mai". Oder: "Miethaie zu Fischstäbchen". Oder: "Anna und Artur haltens Maul".
Auch für die Kreuzberger Grünen hat kämpfen was mit Street Credibility zu tun. Die wollen dort nämlich nicht die CDU ins Boot holen, nicht mal als Juniorpartner. Für die linken Grünen ist das Plakat am Kreuzberger Oranienplatz fast wie gutes Wetter im Wahlsommer oder eine Reise auf die Kanaren. Renate kämpft um so viele Grünenstimmen wie möglich, lautet die Botschaft. Und wenn es nicht reicht, konzentriert sie sich wieder auf den Bundestag. Rot-Grün stünde dann nichts mehr im Wege.
So kann man das sehen. Anders aber auch. Das Plakat grüßt übrigens nicht die Wähler, die ins Herz von Kreuzberg SO 36 fahren. Es ist vielmehr ein Ortsausgangsplakat. Schöne Grüße: Renate kämpft auch für Mitte! wera
Foto: taz
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Deutungskampf nach Magdeburg
„Es wird versucht, das komplett zu leugnen“
Aktionismus nach Magdeburg-Terror
Besser erst mal nachdenken
Anschlag von Magdeburg
Aus günstigem Anlass
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml