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■ Heines größte Erfindung: 100 Jahre „Dosenwürstchen“So alt wie das Bürgerliche Gesetzbuch

Vor einhundert Jahren starben Clara Schumann, Otto Lilienthal, Anton Bruckner und noch einige mehr. Doch im Jahre 1896 wurde auch geboren: der Simplicissimus, die Daily Mail, das Bürgerliche Gesetzbuch – und das erste Dosenwürstchen. Es war ein deutsches Würstchen. Der Halberstädter Wurstfabrikant Friedrich Heine hatte anläßlich der feierlichen Einweihung des Kyffhäuserdenkmals den Auftrag bekommen, die Massen zu beköstigen. Trotz der Anwesenheit Seiner Majestät des Kaisers spielte Petrus nicht mit. Ein Wolkenbruch vertrieb die Schaulustigen. Heine blieb nichts übrig, als seine Investition in den Wind zu schreiben oder sich etwas einfallen zu lassen: das Dosenwürstchen.

Das hat, nach Angaben der Herstellerfirma „Original Halberstädter Fleisch- und Wurstspezialitäten“ („Original halko“), „vier Gesellschaftsordnungen, zwei Weltkriege, drei deutsche Währungen überlebt – und ist im Aufwind“. Nicht zuletzt, weil es gelungen ist, die Würstchen am Platzen zu hindern.

1913 weihte Heine in Halberstadt die größte Wurstfabrik Europas ein. In der Folge setzte es Qualitätsmedaillen. Über die wurstliche Entwicklung in der DDR war nichts zu erfahren, wohl aber über die aktuelle. Das sachsen-anhaltinische Unternehmen – 1992 privatisiert – produziert zu 75 Prozent Konserven. 1995 wurden 7.000 Tonnen ab- und 52,8 Millionen Mark umgesetzt. 20 Millionen sind in den letzten vier Jahren investiert worden. Die 300 Mitarbeiter stellen außer dem zweiendigen Produkt auch Irish Stew, Soljanka, Wiener Braten, Linsensuppe und Rinderrouladen her. Außerdem bietet „halko“ allerlei Spezialitäten. Bouillonwürstchen etwa oder die knackigen Miniwürstchen für Kids, die „Halberstädter kleinen Strolche“.

Nach jüngsten Umfragen halten die Halberstädter in den Wurstabteilungen der Lebensmittelmärkte des deutschen Ostens einen Marktanteil von mehr als 33 Prozent. Zum Dank für so viel Treue wird in Halberstadt das Würstchen nun gebührend gefeiert: Für Kulturfreunde bietet sich die Ausstellung „halko-Dosen-Skulptur“ an. Vom 26. Januar bis zum 3. März in der Kunsthof-Galerie zu 38820 Halberstadt. Die eigentlichen Feierlichkeiten finden Mitte Juni statt. Am Jubiläums-Festtag, dem 14. Juni, versammeln sich die „Freunde und Weggefährten der Halberstädter Würstchen- und Konservenfabrik“ und essen Würstchen. Der Vormittag des 15. Juni ist „Tag der offenen Tür“. Höhepunkt der Büchsenehrungen wird das Finale von „halkos Reise in die Welt der Würstchen“ sein. Schon hundert Tage zuvor messen sich Schüler der dritten und vierten Klassen aus zehn deutschen Städten in heiterem Spiel. Thema: der Herstellungsvorgang Halberstädter Würstchen. Das wird lustig. So müssen etwa Styroporschweinchen von hoch angebrachten Haken geangelt und zerpflückt werden. Bei der halko-Pressekonferenz war der Parcours im Modell aufgebaut, mit baumelnden rosa Schweinchen und kleinen Blutauffangeimern. Ulrich Zander

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